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Ursula Krechel: Beileibe und Zumute

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Der erste Gedichtband Ursula Krechels seit mehr als zehn Jahren. Dazwischen hat Krechel mit „Landgericht“ und „Geisterbahn“ zwei allseits hochgelobte Romane vorgelegt; ersterer gewann 2012 sogar den Deutschen Buchpreis.

Ursula Krechel eröffnet ihren Band mit sprachlich artistischen Reflexionen über das Denken an sich:

Der Denkende kommt zu spät, wenn er sagt: Ich denke
dachte ich, oder das Denken hat ihm einen Streich gespielt.

Es gehört zu den Charakteristika von Krechels Gedichten, dass sie sich ihres Materials und ihres Entstehens gegenwärtig sind, um darüber hinaus immer wieder konkret auf die Materialität des Alltags zuzugreifen:

Wann haben wir zuletzt ein Gespräch über Syntax geführt
wie über Bäume oder ein bedrohtes Naturschutzgebiet?

In der Form ist Krechel so einfallsreich wie variabel. Klassisch rhythmisierte Verse und gereimte Strophen werden immer wieder durchbrochen und in poetischer Freiheit aufgelöst. Krechels Blick gilt dem Ewigen wie dem Profanen. Die Überlegung ist: Wie formt der ästhetisierende Blick der Schreibenden die Welt und ihre Dinge?

Ganz bewusst entzieht Krechel ihre Lyrik jeglicher Einordnung: Sie ist formbewusst, aber nicht dogmatisch; sie lebt von einem tiefen Ernst und überrascht immer wieder durch Komik. Daraus ergibt sich ein poetisches Sprechen, das sich an die Gegenwart wendet und diese doch überragt.

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AUTOR/IN
SWR