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Stefanie Sargnagel: Dicht. Aufzeichnungen einer Tagediebin

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Was ist Stefanie Sargnagel? Angefangen hat sie damit, ihre Erfahrungen als Mitarbeiterin eines Callcenters aufzuschreiben.

Die gebürtige Wienerin ist auch eine derjenigen Kultfiguren, die es hinbekommt, ihre Facebook-Einträge auszudrucken und als Buch zu veröffentlichen und damit sogar noch Erfolge zu feiern. Sie ist roh und rotzig, dezidiert vulgär und ohne Angst vor irgendetwas, und mit all diesen Zuschreibungen ist sie als Phänomen noch immer nicht hinreichend beschrieben. Das spricht für sie.

Jetzt hat Sargnagel mit Mitte 30 ihren ersten Roman veröffentlicht: „Dicht“ ist, wie nicht anders zu erwarten, ein autobiografisches Buch, das den Untertitel „Aufzeichnungen einer Tagediebin“ trägt. Der Titel ist im Übrigen durchaus wörtlich zu nehmen, denn die Jugendzeit, von der Sargnagel erzählt, ist unter anderem bestens unterfüttert vom Drogenkonsum.

Die jugendliche Protagonistin bricht die Schule ab, hängt mit Punkern herum, ballert sich zu, beobachtet, quatscht und nimmt all das auf, um es irgendwann in Text zu fassen. Dass das Komische daran in Wahrheit immer auch tragisch ist und dass Sargnagel eine pampige Chronistin menschlichen Elends, auch des eigenen, ist, versteht sich von selbst.

Die Skurrilität und der Witz sind unterfüttert mit den Insignien der Zeit: Der schlaue, schlagfertige Michi beispielsweise, der zu einer der Hauptfiguren wird, ist HIV-positiv. Sie nennen ihn den „AIDS-Michel“.

So lässt sich das Leben ertragen. Das Buch endet mit einer Lebensentscheidung: In eine Plastiktüte steckt Sargnagel einen Wust von bekritzelten Zetteln, schreibt mit einem Edding „Kunst“ darauf und gibt das Sackerl an der Wiener Akademie der Bildenden Künste ab.

Kurz darauf erhält sie die Zusage für ein Studium an der Akademie. So geht Sargnagel.

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SWR