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Orlando Figes: Die Europäer

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Der britische Historiker Orlando Figes hat mittlerweile die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen, wie er auf Twitter verkündete, um nicht in der Öffentlichkeit als „Brexit-Brite“ zu gelten, so seine Begründung.

Figes ist nicht unumstritten. Man erinnert sich an die unrühmliche Affäre, in deren Zug er auf Amazon Bücher von Kollegen unter Pseudonym negativ bewertete. Nun aber hat Figes in seinem neuen Buch seinen Schwerpunkt verlagert, weg von seinem eigentlichen Spezialgebiet, der russischen Geschichte.

Anhand der exemplarischen Darstellung dreier Biografien und deren Kreuzungslinien will Figes „Die Entstehung europäischer Kultur“, so heißt es im Untertitel, kenntlich machen: Pauline Viardot-García, 1821 in Paris geborene Tochter eines spanischen Tenors, wird zu einer der berühmtesten Opernsängerinnen des Kontinents. Ihr Ehemann Louis Viardot, kümmert sich um die finanziellen Angelegenheiten und fungiert als ihr Manager.

Im Jahr 1843 macht sie in Sankt Petersburg bei einem Gastspiel die Bekanntschaft des Schriftstellers Iwan Turgenew, zu dem sich schnell eine intensive Freundschaft entwickelt, die sich zu einer Ménage à trois ausweitet.

Figes verknüpft die rasanten Entwicklungen des Zeitalters – den Ausbau des Schienennetzes und die damit verbundenen Erleichterungen beim Reisen, die Entwicklung der Drucktechnik, die Mobilität der Menschen und die kapitalistische Verwertung von Kunst – mit den Lebensläufen seiner Figuren und deren Umwelt.

So entsteht ein prominent besetztes Wimmelbild aus Kunst, Künstlern und Politik. Kultur, so das Fazit, funktioniert grenzüberschreitend als identitätsstiftendes Element.

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SWR