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Thomas Kling: Werke in vier Bänden

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Im April 2005 starb der Lyriker Thomas Kling im Alter von 47 Jahren. Kling war in der deutschsprachigen Nachkriegslyrik ein Solitär, ein geschlossenes Universum für sich, bewundert, rezipiert von Kollegen, aber immer weit mehr als nur ein Autor für Autoren.

Kling, der bis zu seinem Tod auf einer Raketenstation in der Nähe von Neuss lebte, imponierte durch seinen Gesamtauftritt, durch seine Stimme, sein Charisma. Klings stakkatohafter Tonfall war eine Absage an die von ihm empfundene Langeweile deutscher Innerlichkeit; seine öffentlichen Auftritte hatte er einmal als „Notwehr“ bezeichnet – gegen die gängige Konvention dessen, was man noch immer „Dichterlesung“ nennt.

„Ich will attaca schreiben, solang die Kraft reicht.“

Der Satz, handschriftlich auf einen Zettel notiert und im Nachlass aufgefunden, lässt sich als Programm lesen.

15 Jahre nach dem Tod von Thomas Kling hat der Suhrkamp Verlag ihm eine angemessen prachtvolle, knapp 2700 Seiten umfassende Gesamtausgabe zugestanden, in der beispielsweise auch so bahnbrechende Veröffentlichungen wie die des 17-jährigen Schülers Kling enthalten sind, der für das Mitteilungsblatt des Deutschen Alpenvereins über „unsere erste eifelfahrt“ berichtet – schon seinerzeit in der für ihn charakteristischen durchgehenden Kleinschreibung.

Der Büchner-Preisträger Marcel Beyer fungiert als Herausgeber der edlen Gesamtausgabe. Beyer, selbst ein Lyriker von erstem Rang, berichtete in einem Interview von dem Schock, das die Erstlektüre von Klings Gedichten bei ihm seinerzeit ausgelöst habe:

Er habe, so Beyer, den Eindruck gehabt, als könne er selbst nun erstmal aufhören zu schreiben. Doppeltes Glück also: Beyer hat weitergeschrieben. Und es gibt diesen Schuber.

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SWR