Platz 9 (23 Punkte)

John Burnside: What light there is - Über die Schönheit des Moments

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Der Schotte John Burnside ist einer der großen Düstermänner der europäischen Gegenwartsliteratur. Mit so wuchtigen wie in letzter Konsequenz auch immer rätselhaften Romanen wie „Die Spur des Teufels“ oder „Glister“ hat er sich seinen Ruf als Autor erschrieben, der die großen Themen wie Schuld, Sühne und Bestrafung in einen spärlich beleuchteten Zwischenraum zwischen Religiosität und Realität stellt.

In „Lügen über meinen Vater“ entwirft Burnside das Psychogramm eines brutalen Menschen, der ein Konstrukt aus Lügen und Selbsttäuschungen zusammenbastelt, um das Leben erträglich zu halten, und dessen tyrannische Familienherrschaft Folgen hatte, mit denen der Sohn bis heute zu kämpfen hat. Burnsides neuer autobiografischer Essay eröffnet mit einer ausführlichen Beschreibung seiner Kindheitslandschaft, deren Schönheit Burnside exakt eineinhalb Seiten in aller ihm zur Verfügung stehenden Eloquenz feiert, bevor er sich daran macht, die Leichen zu beschreiben, die regelmäßig aus den dort überall sprudelnden Gewässern gezogen werden.

„What light there is“ ist ein Buch über die Allgegenwart des Todes als natürliche Konsequenz aus der Existenz des Lebendigen. Burnside, der in diesem Jahr seinen 65. Geburtstag beging, bewegt sich angesichts des eigenen Alterungsprozesses in assoziativen Schleifen durch die Betrachtungen von Kunst und Natur, durch seine Lektüren und Beobachtungen. Das ist wie nicht anders zu erwarten, selten heiter, aber von großer Offenheit und Scharfsinnigkeit.

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AUTOR/IN
SWR