Cover des Buches Nell Zink: Das Hohe Lied (Foto: Pressestelle, Rowohlt Verlag)

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Nell Zink: Das Hohe Lied

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Drei junge Menschen im New York der frühen 1990er, die eine Punkband gründen. Zink fächert ein soziales Panorama auf: Musik, Drogen, Krieg, Aktivismus und 9/11. Mit Ironie erzählt, aber mit scharfem Blick auf die Verhältnisse.

Wer kann so etwas schon: Hochgradig unterhaltsam, rasant und originell, ungemein komisch und dabei stets reflektiert und intelligent erzählen? Antwort: Nell Zink kann all das.

In ihrem im vergangenen Jahr auf Deutsch erschienenen Roman „Virginia“ führte Zink am Beispiel einer lesbischen Frau, die mit einem schwulen Dichter eine Ehe eingeht, die Doppelmoral der amerikanischen Gesellschaft vor.

In „Das Hohe Lied“ nun fächert Zink ein soziales Panorama auf, das über mehrere Generationen hinweg zum einen die Stadt New York und deren Veränderungen porträtiert, zum anderen aber auch angefüllt ist mit Musik und Drogen – und natürlich mit Politik.

Im Zentrum: Drei junge Menschen zu Beginn der Neunzigerjahre, die nicht so recht ins Raster passen und darum dort, wo sie sind, genau richtig sind. Pam ist ihrem christlich konservativen Elternhaus entflohen, Daniel will Musik machen und berühmt werden; Joe leidet am Williams-Syndrom.

Gemeinsam gründen sie eine üble Punkband, und seltsamerweise kommt alles besser als gedacht: Pam und Daniel bekommen gemeinsam ein Kind, Flora, während Joe einen Hit landet.

Zink jongliert mit vielen Bällen, und sie hält sie allesamt in der Luft: Die Golfkriege und die ökonomischen Aufs und Abs, die Musikszene und ihre Veränderungen, der schleichende gesellschaftliche Wandel, der den Erfolg eines Mannes wie Trump ermöglicht, und, als großer Einschnitt, der 11. September 2001, an dem Joe ums Leben kommt, allerdings durch eine Überdosis.

Flora, Pams und Daniels Tochter, geht einen anderen konsequenten Weg und entwickelt sich zur Umweltaktivistin. Zinks Sprache ist so ironisch wie ihr Blick auf die Verhältnisse scharf ist. Ihre Geschichte dagegen ist letztendlich ein Plädoyer für mehr Menschlichkeit.

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AUTOR/IN
SWR