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Ulrike Draesner: Schwitters

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So einer wie Kurt Schwitters konnte den Nationalsozialisten nicht gefallen. Anarchistisch, mit Lust am Nonsens und am Experiment, mit einem Sprachwitz ausgestattet, der immer wieder überraschende Zusammenhänge herstellen konnte. Der Dichter, Maler und Gesamtkünstler Kurt Schwitters wurde mit seiner Kunst schnell als „entartet“ eingestuft, zudem war er Sozialdemokrat.

Wenn eine Autorin sich eine reale Figur, noch dazu eine in der Forschung durchaus breit ausgeleuchtete Persönlichkeit, zum Gegenstand eines Romans macht, muss sie dem öffentlichen Bild noch etwas hinzuzufügen haben. Im Fall von Ulrike Draesner ist es der Reiz, den flirrenden Gedankenkosmos und ein Leben voller Abbrüche, Neuanfänge und Verzweigungen miteinander zu verzahnen und für all das auch eine hochambitionierte Kunstsprache zu finden. Der Roman setzt im Jahr 1936 ein, als vor dem Nachbarhaus von Schwitters jüdischen Nachbarn, einer alt eingesessenen Hannoveraner Familie, ein Lastwagen hält und das Haus und deren Bewohner abtransportiert. Wenige Monate später entschließt sich Schwitters, ins Exil zu gehen. Seine Ehefrau bleibt in Hannover, auch um Schwitters Werk vor der Vernichtung zu bewahren.

Damit ist eines der zentralen Themen des Romans angespielt, nämlich die Frage, welche Bedeutung und welche Funktion Kunst für eine Gesellschaft haben kann, die von Flucht und Vertreibung geprägt ist. Draesner erzählt die letzten zehn Jahre im Leben von Schwitters, folgt ihm durch die Stationen seines Exils und zeigt eine tragische Figur, die eine solche niemals sein wollte.

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AUTOR/IN
SWR