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Marcel Beyer: Dämonenräumdienst

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Noch so ein Alleskönner. Marcel Beyer, Büchnerpreisträger des Jahres 2016, ist seinerseits früh berühmt geworden mit seinem Roman „Flughunde“, ist aber von Hause aus eigentlich Lyriker. Der Titel seines neuen Gedichtbandes deutet an, in welche Richtung es geht: Es ist das Abgründige, das Beyer in die feste Form von Strophen packt, um es in Sprache zu bannen. Zehn Strophen zu jeweils vier Zeilen – das ist die feste Ordnung, die die Geister vertreibt

Oft beginnt alles harmlos, und oft ist an der Oberfläche auch gar nicht viel geschehen: „Zu Beginn einer Überlandfahrt in den frühen Mittag hinein, wir hatten die Stadt noch nicht hinter uns gelassen, sah ich den Tod in den Büschen. Etwas ragte am Straßenrand aus dem lichten Gestrüpp hervor, dunkel und klein und gekrümmt.“ Die Dämonen hausen nicht dort, wo man sie vermutet. Wenn Marcel Beyer aufräumt, dann geschieht das nicht selten im Sprachraum selbst. Oder im eigenen Kopf. Beides hängt zusammen: „Schreib es auf, sonst musst du es am Ende noch erleben“, heißt es im Gedicht „In Gesellschaft“.

Wie stets bei Marcel Beyer sind seine Gedichte in der realen Welt angesiedelt, in Kindheitsräumen, in der Natur, im Erfahrungsraum des Alltäglichen, um dann Blitzschnell ins Schräge abzukippen. Es macht große Freude, Beyer durch die halbdunklen Räume seiner Fantasie zu folgen. Bei allen intertextuellen Verweisen auf die großen Denker hat er auch die Populärkultur im Blick. Man darf sich hier nie sicher sein. Das ist das Gute.

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SWR