Platz 2 (57 Punkte)

Monique Truong: Sweetest Fruits

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Die äußeren biografischen Daten von Patricio Lafcadio Tessima Carlos Hearn lesen sich bereits ohne literarische Bearbeitung wie ein Roman:

Geboren im Jahr 1850 auf der griechischen Insel Lefkas im ionischen Meer als Sohn einer Griechin und eines irischen Militärarztes, kam er im Alter von zwei Jahren mit seiner Mutter nach Dublin, die ihre Familie nach kurzer Zeit verließ. Als Neunzehnjähriger reiste er in die USA, absolvierte eine Lehre, kam mit französischer Literatur in Kontakt und heiratete eine Afroamerikanerin. 1890 schließlich floh er vor der Hektik Amerikas nach Japan, heiratete die Tochter eines Samurai, nahm die japanische Staatsbürgerschaft an und wurde Professor für englische Literatur an der Universität von Tokio. Er starb im Alter von 54 Jahren an einem Herzinfarkt.

Lafcadio Hearn steht im Zentrum von Sweetest Fruits“, und doch bleibt er als Person kalkuliert ungreifbar. Denn Monique Truong, in Saigon geboren und in New York lebend, erzählt drei Episoden aus Hearns Leben aus drei unterschiedlichen weiblichen Perspektiven und lässt dabei den biografischen und kulturellen Kontext der jeweiligen Erzählerin einfließen: Seine Mutter Rosa flieht aus einem beengten Leben und landet in der nächsten Existenzfalle. Seine erste Frau Alethea arbeitet als Köchin in einer Pension in Cincinnati und lernt Hearn als einen mittellosen Journalisten kennen. Sie besteht darauf, bei der Heirat ihren Nachnamen zu behalten, damit ihre Mutter sie leichter finden kann. Und Hearns japanische Ehefrau Koizumi sieht ihren Mann durch den Filter des fremden Blicks.

„Sag Wahrheit ganz, aber sag sie schief“ – diesen Satz von Emily Dickinson hat die Autorin ihrem Buch vorangestellt. Die Schieflage erzeugt in diesem Fall Erkenntnis.

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AUTOR/IN
SWR