Platz 2 (75 Punkte)

Birgit Birnbacher: Ich an meiner Seite

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Die Österreicherin Birgit Birnbacher hat ein feines Gespür für das Randständige, für sozial Unterprivilegierte und für Menschen, die es aus der Bahn geworfen hat, sei es durch Unglück, Zufall oder auch schlicht durch eigenes Verschulden.

Die Milieus, aus denen sie erzählt, sind die der Underdogs und Beschädigten. Birnbachers Blick auf ihre Figuren ist unverklärt, aber empathisch.

Arthur Galleij heißt der 22-jährige Mann, der zu Beginn des Romans im Juni 2010 als frisch entlassener Häftling mit einer blutenden Wunde an der Schläfe im Büro seines Therapeuten Konstantin Vogl auftaucht, den alle nur „Börd“ nennen.

Warum Arthur im Gefängnis gesessen hat, erfahren wir erst rund 180 Seiten später, desgleichen die Ursache für die Kopfwunde.

Es gibt in Birnbachers engem Gewebe aus Schuld, Eigenverantwortlichkeit und Opferstatus keine eindeutigen moralischen Bewertungen.

Für Arthur geht es zum einen darum, ein Leben mit zahlreichen Beschädigungen und Rückschlägen hinter sich zu lassen und zum anderen in der Gegenwart Stabilität zu gewinnen. Das eine ist so schwierig wie das andere.

Aus den unterschiedlichen Sprech- und Erinnerungssituationen heraus setzt Birgit Birnbacher einen Lebenslauf zusammen, eine Geschichte von Rückschlägen, Neuanfängen und dem Versuch, Struktur zu gewinnen.

Wann ist man ein nützlicher Mensch? Birnbacher gibt der Hoffnung eine Chance.

Buch der Woche Birgit Birnbacher - Ich an meiner Seite

Kann man nach 26 Monaten Knast noch eine Wohnung mieten? Und einen Job bekommen? Die österreichische Autorin Birgit Birnbacher lässt es den 22-jährigen Arthur in ihrem neuen Roman versuchen.
Rezension von Carsten Otte.

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