Platz 8 (25 Punkte)

Roman. Übersetzt aus dem Englischen von Rudolf Mast

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Daniel Defoes 1719 erstmals erschienener Roman ist in den vergangenen Jahren verstärkt in den Fokus postkolonialistischer Debatten gerückt. Es versteht sich von selbst, dass dem Buch das Gedankengut seiner Epoche und und der damit verbundene kolonialistische Blick auf die Welt deutlich eingeschrieben sind. Trotzdem hat der mare-Buchverlag nun eine von Rudolf Mast vorgenommene, hervorragende ungekürzte Neuübersetzung vorgelegt, die noch dazu durch ihre sorgfältige und bibliophile Ausstattung überzeugt.

Das große Paradoxon dieses Romans ist der Umstand, dass die Nacherzählung des Plots wie eine große Abenteuergeschichte klingt, dass aber der Roman selbst sich nicht wie ein großes Abenteuer, sondern eher wie ein Reflexions- und Bildungsroman liest. Und für eben diese Entwicklung, die sich in durchaus komplexen Denkbewegungen äußert, hat die Neuübersetzung einen treffsicheren Tonfall gefunden. Sicher lässt sich der Text kaum ohne den theoretischen Ballast lesen, mit dem er im Lauf von drei Jahrhunderten nach und nach befrachtet wurde, mit der Rousseau’schen Begeisterung für den philosophischen Lebensneuerfinder Robinson, mit dem hochproblematischen Herr-Knecht-Verhältnis zwischen Robinson und Freitag.

Dennoch: Im Kern ist „Robinson Crusoe“ ein Buch, das von einem Menschen erzählt, der im Angesicht von Schicksalsschlägen Erkenntnisse in jeder Hinsicht gewinnt. Es ist ein im Kern humanes Buch, das wenig von seiner Faszination verloren hat. Und das nicht zuletzt auf hochgegenwärtige Weise zeigt, wie ein Mensch mit Hilfe eines ausgeprägten Ordnungssinns der Depression zu entkommen versucht.

Zum Autor:

Daniel Defoe, als Daniel Foe vermutlich Anfang 1660 in London geboren, gestorben ebendort am 5. Mai 1731, sollte nach dem Willen seines Vaters Geistlicher werden, schlug dann aber eine Karriere als Kaufmann und später als Journalist ein. Erst im Alter von 59 Jahren veröffentlichte er mit Robinson Crusoe seinen ersten Roman, der ihn weltbekannt machen sollte.

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SWR