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Katerina Poladjan: Hier sind Löwen

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Ein weit verzweigtes historisches Netz, das die in Moskau geborene und seit Jahrzehnten in Wien lebende Schriftstellerin in einem verhältnismäßig schmalen Roman knüpft: Im Jahr 1915 fliehen zwei Kinder vor den türkischen Razzien und Verfolgungen in der Küstenstadt Ordu.

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Verfolgung und Flucht am Beginn der Familiengeschichte

Der Vater, Kevork, betreibt ein Restaurant am Meer: „Er liebte es, wenn auf der Terrasse das ganze Osmanische Reich versammelt war, wenn geraucht, gegessen und gespielt wurde.“

Mit dieser Idylle ist es vorbei: Die Nachbarin stürzt in die Küche und schreit, nun werde man sie endlich vernichten, es sei so weit. Es wird an die Tür gehämmert, Soldaten ziehen den Vater aus dem Haus; die Mutter ruft Hrant und Anahid zu, sie sollten laufen. Das einzige, was die beiden, sechs und vierzehn Jahre alt, bei sich tragen, ist die alte Familienbibel.

Zwei Geschichten – 100 Jahre voneinander entfernt

Rund 100 Jahre später kommt die deutsche Buchrestauratorin Helen Mazavian, deren Vorfahren aus Russland und Armenien stammen, nach Jerewan, um in einem Archiv eben jene Familienbibel zu restaurieren.

In gegeneinander geschnittenen Kapiteln führt Katerina Poladjan diese beiden Geschichten zusammen, und es wird schnell deutlich, dass Helen selbst auch ihrer eigenen Familiengeschichte und deren Leerstellen auf die Spur zu kommen versucht.

Ein bildstarkes Buch

„Hier sind Löwen“ ist ein Roman über Verdrängtes, Verschwiegenes ein bildstarkes Buch über eine Landschaft von großer Schönheit.

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AUTOR/IN
SWR