Schillerpreis der Stadt Mannheim verliehen

Uwe Timm: Mit Schiller tief verbunden

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Wilm Hüffer
Wilm Hüffer, SWR2 Moderator und Redakteur (Foto: SWR, Oliver Reuther)

Am 16.4.2018 von Annette Lennartz

Der Schriftsteller Uwe Timm ist am Sonntag mit dem Schillerpreis der Stadt Mannheim ausgezeichnet worden. Uwe Timm wurde bekannt mit Romanen und Erzählungen wie „Morenga“, „Rot“ oder „Die Entdeckung der Currywurst.“ Er habe, so die Jury, bundesrepublikanische Geschichte in Geschichten verwandelt. Sie lobte seine politische Wachsamkeit, seine essayistische Brillanz und seinen unbestechlichem Blick.

Uwe Timm und seine wilden 68er-Jahre

Da hat die Stadt Mannheim einen Mann geehrt, den so einiges mit Friedrich Schiller verbindet. Die wohl auffälligste Parallele: Schillers Sturm- und Drangzeit - und Uwe Timms Engagement in der 68er-Bewegung.

Ein Vorläufer der 68er: Schillers Räuber in Mannheim

Damit beginnt Moritz Rinke seine humorvolle Laudatio: „Von rollenden Augen und geballten Fäusten und aufschreiendem Publikum - wurde berichtet, es war ein Chaos, aus dessen Nebel eine neu Schöpfung hervorbrach. - Ich spreche nicht vom Ausbruch der 68er-Bewegung, sondern von der Uraufführung des Theaterstücks Die Räuber am 13. Januar 1782 im Nationaltheater Mannheim, das einem Irrenhaus geglichen haben soll“.

Timm, Schiller und die Vorliebe für das Sezieren

Moritz Rinke, selbst Dramatiker, häufig zu Gast bei den Nibelungenfestspielen in Worms, hat aber noch mehr Gemeinsamkeiten zwischen Schiller und Timm entdeckt. Der Dichterfürst begann seine berufliche Laufbahn als Regimentsarzt, Timm als Kürschner im elterlichen Geschäft. „Beide muss man sich also als junge Männer mit Seziermesser, beziehungsweise Kürschnermesser, Klingenhalter oder Abzwecker vorstellen“.

Beide haben dann mit messerscharfem Blick die Gesellschaft beobachtet, Zeitgeschichte Geschichten verwandelt. Der eine in Theaterstücken, der andere in Romanen.

Uwe Timm im Gespräch über seinen Roman „Ikarien“

Als Timm richtig anfing, war Schiller schon fast tot

Rinke sieht aber auch Unterschiede, nicht zuletzt im Alter. Schiller ist früh gestorben, Uwe Timm dagegen gerade 78 Jahre alt geworden, voller Elan und mit wachen Augen. „Als Timm mit 24 seinen ersten Roman Heißer Sommer veröffentlicht, ist Schiller schon fast tot, das Dichten musste damals im Sturm und Drang schneller gehen.“

Bei Timm fing es dann erst richtig an: Die 68er Bücher wie „Heißer Sommer“, „Kerbels Flucht“, oder „Rot“, die Aufarbeitung des deutschen Faschismus in „Am Beispiel meines Bruders“ bis hin zu seinem neuesten Roman „Ikarien“. Darin greift er das Thema Euthanasie auf.

Uwe Timm zeitweilig in der DKP

Auch Kinderbücher schrieb er - wie das Rennschwein Rudi Rüssel. Seine Werke wurden in 17 Sprachen übersetzt. Der gebürtige Hamburger lebt in München. Er, der im SDS und mit Benno Ohnesorg befreundet war, trat später in die DKP ein - 1981 aber auch wieder aus.

Musikalische Darbietung bei der Verleihung des Schillerpreises an Uwe Timm. (Foto: SWR, Stadt Mannheim - Foto: Fernando Fath)
Festlich umrahmt wurde die Preisverleihung von der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mannheim. Prof. Jürgen Seefelder spielte auf dem Saxophon eigene Kompositionen, begleitet von Lukas Hatzis am Kontrabass und Paul Janoschka am

„Merkelnutte“ als Beispiel für Gewalt in der Sprache

Bis heute ist Timm ein politisch engagierter Mensch und besorgt über die Entwicklung der Rechten. „Ich finde es auch beängstigend - vor allem die Gewalt in der Sprache wie beim Fall der 'Merkelnutte'. So etwas wird von einem Mitglied des Bundestags gesagt. Ich kann nur hoffen, das genug Menschen dagegen angehen.“ Eine Hass-Sprache, die irgendwann vielleicht auch zur Tat drängt, wie bei Franz Moor, aus den Räubern - so analysiert Timm später in seiner Ansprache.

Uwe Timm: Stolz auf Erstausgabe von Schillers Räubern

Was ihn mit Schiller verbindet, verrät Uwe Timm besonders gern. Nicht die geflügelten Worte oder die Glocke, die er auswendig lernen musste. Er zeigt ein dünnes Büchlein: Es ist die Erstausgabe von Schillers Räubern von 1782, sogar mit Anstreichungen. Die hat er vor langer Zeit in Südamerika gefunden und gekauft.

Mit dem revolutionären Schiller verbunden

Mit den Räubern, begann es, sagt Uwe Timm: „Ich bin im Rigorosum zu Sturm und Drang, speziell zu den Räubern, geprüft worden. Es ist eine lange Geschichte, die mich mit den Räubern und Schiller verbindet, und zwar mit diesem Schiller, der kritisch ist, etwas Revolutionäres hat, der sich gegen diese damalige Wirklichkeit gestemmt hat. Das finde ich an diesem Autor sehr faszinierend und es freut mich sehr, dass ich diesen Preis bekommen habe.“