Gespräch mit Franzobel über seinen neuen Krimimalroman

Franzobel: Rechtswalzer

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AUTOR/IN
Kathrin Hondl

Katrin Hondl im Gespräch mit Franzobel

Franzobels neuer Roman spielt im Österreich des Jahres 2024. Limes, die „Partei für den wahren Sozialismus“ ist an der Macht. Malte Dinger, ein unauffälliger Bürger und Händler von extravagantem Gin, gerät in eine Fahrkartenkontrolle und danach flugs ins Gefängnis. So etwas wie eine „schützende Hand des Rechtsstaates“ gibt es bei Franzobel im Jahr 2024 nicht mehr.

Türkei, Ungarn – bald Österreich?

Inspiriert zu seinem Roman haben Franzobel „die Zustände in der Türkei, in Ungarn, also in radikaleren Systemen, wo ich mir gedacht habe: Was was macht der Einzelne? Welche Chancen hat man? Was tut man, wenn man merkt, man wird denunziert“, sagt der Autor im Gespräch mit SWR2.

Eigentlich hätte es ein Roman über den Opernball werden sollen. „Da habe ich gemerkt, das ist die Spitze der Gesellschaft, die nur Glanz und Glamour zeigt. Und dann wollte ich eine Gegenpositionierung einführen, so gibt es dann den Hauptdarsteller, der völlig unschuldig im Gefängnis landet.“

Der Antisemitismus wird in Österreich wieder salonfähig

Die politischen Verhältnisse in diesem Österreich des Jahres 2024 haben natürlich etwas mit der Geschichte des Landes zu tun. Als die Hauptperson des Romans, Malte Dinger, nach einer Fahrscheinkontrolle festgenommen wird, sagt einer der beiden Kontrolleure: „Dinger? Sicher ist das jüdisch. Sowas habe ich im Urin!“

Franzobel: „Diesen Alltags-Antisemitismus hat's in Österreich natürlich immer gegeben. Er wird zwar bisschen so augenzwinkernd verkauft, aber leider haben wir uns da nie wirklich davon befreien können. Durch die neue Regierung ist es natürlich leider wieder salonfähiger geworden.“

Man muss gegen die Destabilisierung der Demokratie anschreiben

Vor diesem Hintergrund fällt Franzobels Blick in die politische Zukunft Österreichs nicht gerade optimistisch aus. Was beabsichtigt er mit seiner Dystopie?

„Die Dystopie will vor allem zeigen, wie es werden könnte. Und ich glaube, dass es auch in Ländern wie Österreich oder Deutschland, wo wir sehr stabile Demokratien und großartige Bürgerrechte haben, dass auch hier sehr schnell alles Mögliche passieren kann. Wir haben jetzt in Österreich zum Beispiel einen Innenminister, der vor ein paar Tagen gesagt hat: „Das Recht muss sich nach der Politik richten und nicht umgekehrt“. Er hat das dann zwar wieder zurückgenommen, aber schon so etwas zu denken ist natürlich ein Wahnsinn. Als Autor kann man dagegen anschreiben.“

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Kathrin Hondl