Sind Tiere musikalisch? Dieser Frage geht der niederländische Musikwissenschaftler Henkjan Honing in seinem Buch „Der Affe schlägt den Takt. Musikalität bei Tier und Mensch.“ nach. Eine Spurensuche in Laboren von Verhaltensforschern und Neurobiologen. Christoph Vratz hat das Buch gelesen.
Sein Name: Capi. Er ist sieben Jahre alt, wohnt in Mexiko und ist ein Rhesusaffe.
Capi soll an einem Experiment teilnehmen. Ziel ist es herauszufinden, ob Capi ein natürliches Taktgefühl besitzt.
Henkjan Honing, Professor für Musikkognition in Amsterdam und Autor einiger populärwissenschaftlicher Bestseller wie „Jeder ist musikalisch“, möchte die biologische Natur von Musikalität erforschen – bei Menschen wie bei Tieren.
Doch gilt das auch wirklich für „alle“ – für Mensch und Tier? Honing stützt sich vor Beginn seiner Forschungen auf eine ältere Erkenntnis:
Gibt es also diese Art von Ur-Taktgefühl auch bei anderen Lebewesen? Um Antworten zu finden, ist Honing quer um den Erdball gereist, von Japan bis Amerika, um in verschiedenen Laboren Einblicke in die Praktiken von neurobiologischen und verhaltensbiologischen Forschungen zu erhalten.
Zurück nach Mexiko, zu Capi, dem Rhesusaffen. In diesem Labor hat man beispielsweise versucht, Rhesusaffen beizubringen, einen Joystick regelmäßig und synchron zum Ticken eines Metronoms zu bewegen. Nun werden die Voraussetzungen entwickelt, um neue verlässliche Messdaten zu erhalten. Dann beginnt das Experiment.
Honing gelingt es, in seinem Buch immer wieder die Spannung hochzuhalten. Bevor er nun dem Leser mitteilt, wie die Versuchsreihe im Detail verläuft, macht er einen Schnitt und berichtet zunächst von Erkenntnissen über Takt-Taubheit oder Menschen ohne Rhythmus-Gefühl. Nach Wochen erhält Honing Nachricht über die ersten Ergebnisse:
Doch dann folgt die Kunde: Capi sei nachweisbar teilweise taub. Die Messreihe muss mit einem weiteren Rhesusaffen fortgeführt werden. Die einzelnen Ergebnisse dieser Versuche sollen an dieser Stelle nicht verraten werden. Nur so viel: Es ist eine Mischung aus Rückschlägen, überraschenden Wendungen und Erfolgen. Honing verfolgt nämlich nicht nur das Ziel, seine Experimente an Affen nachzuweisen, sondern auch an Vögeln.
Warum dennoch Vögel? Stark verallgemeinert, lässt sich das Gehör von Vögeln mit dem Gehör von Menschen vergleichen.
Wieder folgt Honing seinen bewährten darstellerischen Mitteln: Er gießt seine Erfahrungen in eine fortlaufende Erzählung, die nicht trocken und statisch ist wie ein naturwissenschaftliches Protokoll, sondern die von großer Anschaulichkeit lebt.
Auch wer kein Neurologe, kein Biologe, kein
Musikwissenschaftler ist, kann den einzelnen Etappen dieser Forschungsreise genau folgen. Es ist eine spannende und lesenswerte Reise, und das in jeder Hinsicht. Denn sie führt uns nicht nur in die Hinterzimmer von sonst unzugänglichen Laboren, sondern – viel wichtiger noch – zu den Ursprüngen unserer Musikalität.