Revolutionsbewegung zwischen säkular und islamistisch
In seinem neuen Buch „Die Erben der Revolution“ analysiert Armbruster, der bis 2012 Nahost-Korrespondent in Kairo war, die Defizite und erklärt im Gespräch mit SWR2: „Es gab einen kleineren säkularen Teil der Protestbewegung, der sich aufgesplittert hat – das hat den Islamisten in die Hände gespielt.“ Deren Anführer, Mursi, wiederum habe nach seiner Wahl zum Präsidenten gegen die Bürokratie, die Eliten und die Armee des Landes keine Chance gehabt.
Der gebürtige Tübinger berichtet, dass er für sein Buch viele der ehemaligen Anführer*innen der Proteste interviewt hat und erstaunt gewesen sei über deren Offenheit: „Ich hatte mit vielen Absagen gerechnet.“ Auch sein Angebot, seine Gesprächspartner*innen zu anonymisieren, habe man ausgeschlagen und geantwortet: „Man kann dem Regime (von General Al-Sisi) nur mit offenem Visier begegnen.“
Aufstehen für einen demokratischen Wandel
Seine Gesprächspartner*innen hätten bekundet, meint Armbruster, aus ihren Fehlern vor zehn Jahren gelernt zu haben und hofften weiterhin, dass sich das Land demokratisch öffne. „Ohne Hoffnung könnten wir einpacken“, sei die übereinstimmende Meinung der Oppositionellen. Viele hätten jedoch vor den Gefängnissen Angst, weil dort gefoltert werde.
Politisches Engagement als „Befreiungsschlag“ für Frauen
Bewunderung empfindet Armbruster für die Frauen, die sich am Sturz Mubaraks und den Veränderungen in Tunesien und im Sudan beteiligt haben. Eine Begründung, so berichtet Armbruster von seinen Recherche-Reisen: In islamistischen Gesellschaften sei das Leben für Frauen besonders schwer – seine Gesprächspartnerinnen hätten ihr Engagement daher als „Befreiungsschlag“ bezeichnet.