Hohe Infektionszahlen, Gezerre um die Notbremse und volle Intensivstationen: Für das Schwanken zwischen Lockdown und Lockerungen habe er kein Verständnis, sagte in SWR2 Am Morgen Prof. Uwe Janssens von der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI). „Es ist eigentlich schon 5 nach 12, und das sind keine lose in den Wind geschriebenen Warnungen“, betonte der Chefarzt am St.-Antonius-Hospital in Eschweiler mit Blick auf die steigenden Zahlen von Neuinfektionen und Todesfällen. "Lasst uns endlich gemeinsam die Infektionszahlen senken", so sein Appell.
Erfolgreiche Pandemie-Bekämpfung in Irland
Janssens verwies auf die Erfolge anderer Länder bei der Pandemie-Bekämpfung. In Irland etwa sei es mit einem „klaren landeseinheitlichen Vorgehen“ gelungen, von extrem hohen Zahlen runterzukommen. Deshalb habe er auch kein Verständnis dafür, wenn jetzt in einzelnen Regionen wie beim Modellprojekt in Tübingen bei steigenden Infektionszahlen trotzdem einiges aufgemacht werden solle.
Wahlkampf passt nicht zu Corona
„Es wird Wahlkampf gemacht“, kritisiert der Intensivmediziner, „was überhaupt nicht zu dem Thema Corona passt.“ Die dadurch entstandene Verwirrung habe für Unmut gesorgt und die Bevölkerung gespalten. Vielen Menschen seien nichtsdestotrotz bereit für härtere Lockdown-Maßnahmen, aber die Politik scheue sich, weil sie Angst habe, Wählerstimmen zu verlieren.
Diskussion über Ausgangssperren nicht nachvollziehbar
Auch die aktuelle Diskussion über abendliche Ausgangssperren könne er nicht nachvollziehen, sagte Janssens und verwies erneut auf die erfolgreiche Pandemie-Eindämmung in Irland: „Dort darf man sich überhaupt nicht mehr treffen. Nur außerhalb der eigenen Räumlichkeiten zwei Personen.“
Intensivmedizin nicht “Maß aller Dinge“
Auch die Forderung, nicht nur die Inzidenz sondern auch die Zahl der verfügbaren Intensivbetten stärker zu berücksichtigen, lehnt Janssens ab: „Die Intensivmedizin kann nicht das Maß der Dinge sein. Wir wollen doch gar nicht, dass ein Mensch auf eine Intensivstation kommt. Die Intensivmedizin ist das Ende einer fatal verlaufenden Erkrankung.“
Das Gesundheitssystem in Deutschland sei anders als In Portugal gut aufgestellt. „Wir werden das schon schaffen“, so der Intensivmediziner, „aber die Menschen, die in der Intensivmedizin arbeiten, sind erschöpft.“ Deshalb sei sein Appel: „Lasst uns doch endlich zusammen, gemeinsam die Infektionszahlen runterholen.“
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