Kulturmedienschau

Wäscht das Feuilleton Martin Walser rein? | 31.7.2023

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Philine Sauvageot
Philine Sauvageot (Foto: SWR, Christian Koch)

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Am 26. Juli 2023 ist Martin Walser mit 96 Jahren in Überlingen am Bodensee gestorben. Und was wurde seitdem nicht alles über ihn geschrieben: Er sei täglich im Bodensee geschwommen zum Beispiel. Er sei ein Jahrhundertschriftsteller gewesen, ein Wortmensch, schwärmen die einen.

Die anderen – gerade auf Twitter – reiben sich rückblickend vor allem an einer Rede, die Martin Walser 1998 in der Frankfurter Paulskirche hielt. Die Erinnerung an Auschwitz, sagte er dort, sei eine „Moralkeule“. Ignatz Bubis, der damalige Vorsitzende des Zentralrats der Juden, warf ihm später „geistige Brandstiftung“ vor.

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Nussdorf

Nachruf „Unermüdlich sein und unersättlich, und undurchschaubar" - Der Jahrhundertschriftsteller Martin Walser ist tot

Er war der große Mann der deutschen Nachkriegsliteratur: Zusammen mit Günter Grass, Siegfried Lenz und Heinrich Böll prägte der Schriftsteller Martin Walser das intellektuelle Bild der Bundesrepublik. 1927 in Wasserburg am Bodensee geboren, war ihm schon recht früh klar, dass er nur eines werden wollte: Dichter. Mit seiner kantigen, streitbaren Art mischte er sich immer wieder vom Bodensee in die hohe Politik ein, was nicht selten zu unversöhnlichen Debatten führte. Am 26.7.2023 ist er im Alter von 96 Jahren gestorben, wie der Rowohlt-Verlag bestätigte.

11.10.1998 "Moralkeule Auschwitz" – Martin Walsers umstrittene Friedenspreis-Rede

11.10.1998 | "Geistige Brandstiftung" – mit diesem Vorwurf reagierte der Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Ignatz Bubis, zunächst auf die Rede, die Martin Walser am 11. Oktober 1998 in der Frankfurter Paulskirche hielt. An dem Tag hat Martin Walser den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhalten.
Bubis saß bei der Veranstaltung in der ersten Reihe, als Walser seine Dankesrede hält. Darin kritisiert er, dass man den Deutschen ihre nationalsozialistische Vergangenheit immerzu vorhalte. Das helfe auf Dauer nicht, um die NS-Zeit in kritischer Erinnerung zu behalten, sondern es animiere die Menschen zum Wegschauen. Dadurch bestünde die Gefahr, dass Auschwitz zur simplen "Moralkeule" verkomme und seine tatsächliche Bedeutung verliere.
Hier die Rede im Zusammenhang.

Forum Der Schriftsteller vom Bodensee - Zum Tod von Martin Walser

Wörter bedeuteten ihm Alles. Fast jedes Jahr hat Martin Walser ein Buch herausgebracht. Er selbst ist schon ein Teil deutscher Kulturgeschichte, und doch denken viele bei seinem Namen noch immer zuerst an die Rede in der Frankfurter Paulskirche, an sein Wort von der „Moralkeule Auschwitz“. Zu Walsers 95. Geburtstag diskutierte das SWR2 Forum über „Walser und kein Ende – der Schriftsteller vom Bodensee“.

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