Zeitgenossen

Susanne Baer: „Der Rechtsstaat ist kein Patentrezept, der Rechtsstaat ist eine Aufgabe!”

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INTERVIEW
Doris Maull

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Jura als Brennglas

Was die Bundesverfassungsrichterin Susanne Baer an dem Fach Jura fasziniert, ist die Mischung aus gesellschaftlicher Relevanz und Sprachkraft. Jura sei der Kern der Macht und der Machtfülle, deshalb habe sie begonnen, sich damit zu beschäftigen, sagt die gebürtige Saarbrückerin. „Jura ist das Brennglas auf politische und aktuelle Konflikte und zwingt immer dazu, auf den Punkt zu kommen und irgendwann zu entscheiden.”

Gelungene Verfassungs-Debatte in Corona-Zeiten

Das gelte auch bei der Debatte um die Verletzung der Verfassung und der Grundrechte in Corona Zeiten. „Ich hatte das Gefühl, dass die Verfassungskultur in Deutschland einen Test bestanden hat”, so Baer. Bundesweit sei, nicht nur unter Juristen und Juristinnen, sondern auch unter Bürgerinnen und Bürgern und in den Medien über Verfassungsrecht diskutiert worden. „Die Verfassung ist nicht die finale Antwort auf etwas, sondern die Verfassung gibt den Rahmen und die Leitlinien vor anhand derer wir unser Gemeinwesen jeweils immer aktuell aushandeln müssen. Und ich habe den Eindruck, dass das gelungen ist.”

Faible für Gerechtigkeit

Nach Dissertation und Promotion an der FU-Berlin, lehrte Baer u.a. in den USA , in Budapest und im italienischen Fiesole. „Ich bin ein neugieriger Mensch, ich hasse Schubladen, ich hasse Langeweile und insofern liegt doch nahe, die Chance, einen anderen Alltag, eine andere Kultur kennenzulernen, zu ergreifen.” Thematisch ist die bekennende Feministin breit aufgestellt. Ihre Spezialisierung auf Genderstudies erklärt sie mit ihrer Neigung, sich bei Ungerechtigkeiten fürchterlich aufzuregen. „Ich bin ein bißchen Robinia Hood”, so Baer. Schon als Kind im Saarland sei sie mit sozialen Ungleichheiten konfrontiert worden. Ihre Eltern hätten ihr schließlich das Credo nahegelegt: Die Todsünde ist, sich etwas darauf einzubilden, wo man herkommt.

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Doris Maull