Kultur

#StandWithUkraine – Solidarität und Entsetzen der Kultur-Szene

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Russlands Krieg gegen die Ukraine erschüttert die westliche Welt. Auch die internationale Kulturszene reagiert. Viele Künstler*innen und Institutionen bekunden ihre Solidarität mit der Ukraine, fordern aber auch, den Kontakt zur russischen Kulturszene aufrecht zu erhalten.

Ukrainische Serie „Diener des Volkes“ mit Selenskyj läuft im April bei Arte

Am 8. April strahlt der Fernsehsender Arte ab 21:45 Uhr die ersten vier Folgen der ukrainischen Erfolgsserie „Diener des Volkes“ mit Ukraines Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in der Hauptrolle aus. Die Folgen aus dem Jahr 2015 werden im Original mit Untertiteln gezeigt, wie der Fernsehsender am Montag, 28. März, mitteilte. Selenskyj war vor seiner Zeit als ukrainischer Präsident als Schauspieler und Regisseur bekannt. In der Serie spielt Selenskyj einen Geschichtslehrer, der Präsident wird.

Alle Folgen der ersten Staffel der Serie sind bereits in der Arte-Mediathek zu sehen, und zwar noch bis zum 18. Mai 2022. Die zweite und dritte Staffel sollen ab Ende Mai ebenfalls online verfügbar sein.

Wolodymyr Selenskyj (r) als Wassyl Petrowitsch Holoborodko, Präsident der Ukraine, in einer Szene aus «Diener des Volkes»  (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Arte )
In der Politcomedy-Serie „Diener des Volkes“ spielt Selenskyj einen Geschichtslehrer, der überraschend zum Präsidenten der Ukraine gewählt wird. Drei Jahre nach Ausstrahlung der Serie wird in der Ukraine die politische Partei "Diener des Volkes" registriert, ein Jahr später wählt die ukrainische Bevölkerung Wolodymyr Selenskyj zu ihrem Präsidenten.

Anna Netrebko bald wieder auf der Bühne?

Nachdem vor einer Woche die Trennung von ihrer Berliner Agentur bekannt wurde, hat die russische Sängerin Anna Netrebko (50) nun ein neues Management. Ihr bisheriger Osteuropa-Manager, Maxim Berin, soll sie ab sofort weltweit vertreten und plant Konzerte mit ihr in Europa, Israel und in arabischen Staaten. Die weltweite Nachfrage sei „unglaublich", zitiert die österreichische Zeitung „Kurier“ den neuen Manager. Dazu passend hatte Netrebko sie zuletzt ein Bild auf Instagram und Facebook veröffentlicht, das sie vor vor Wüstensand zeigt.

Aufgrund ihrer Nähe zu Russlands Präsidenten Vladimir Putin wurden zuletzt alle ihre geplanten Auftritte abgesagt.

Anna Netrebko bei den Salzburger Festspielen 2019 (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa/APA | Hans Punz)
„Bald werde ich wieder arbeiten" ließ Netrebko über Instagram ihre Fans wissen.

Sting veröffentlicht Neufassung seines Anti-Kriegs-Liedes „Russians“

Ursprünglich hatte der britische Musiker Sting mit „Russians“ gegen das Wettrüsten zwischen den USA und der damaligen Sowjetunion protestiert. Angesichts des Krieges in der Ukraine hat er das Stück vor Kurzem in einer Unplugged-Version neu veröffentlicht. „Ich habe es 1984 im Kalten Krieg geschrieben und ich habe nie gedacht, dass es nach dem Mauerfall noch einmal relevant werden könnte“, sagte der 70-Jährige. Er kündigte an, das Lied künftig bei allen Auftritten seiner aktuellen Tournee an den Anfang zu stellen: „Ich habe zwei Cellospieler aus der Ukraine engagiert, die das Lied als Geste der Solidarität mit mir spielen werden.“

Kulturstaatsministerin: Bühnen für ukrainische Künstler*innen öffnen

Kulturstaatsministerin Claudia Roth fordert angesichts des Ukraine-Krieges, die freie Kultur zu verteidigen und zu bewahren. Als wichtigen Punkt sieht die Grünen-Politikerin im SWR2-Gespräch, ukrainischen Künstler*innen eine Bühne und Räume zu geben, damit die ukrainische Stimme nicht verstummt. Es gehe darum, eine Zukunftsperspektive zu geben und zu zeigen: das Putin-Regime kann uns diese Kultur nicht zerstören.

Roth wandte sich gegen einen Kulturboykott russischer Künstler*innen, denn grade Kulturschaffende und Intellektuelle würden unter der Ideologie und der Gewalt Putin verfolgt werden. Gleichwohl äußerte sie Verständnis für die Stadt München, die sich von dem russischen Dirigenten Gergiev getrennt hatte. Aber die Ministerin stellt fest: Ich lass mir doch nicht meinen Dostojewski wegnehmen". Es sei ein Putin-Krieg und kein Puschkin-Krieg, Kultur baue Brücken und nicht Mauern.

Journalistin Owsjannikowa erkennt Russophobie in Westeuropa

Die Fernseh-Journalistin Marina Owsjannikowa (43), die am 14. März im russischen Staatsfernsehen ein Plakat mit dem Text „Hier werdet ihr belogen“ hochhielt, plante ihre Aktion spontan. Dies schildert sie in einem Interview mit der Zeitung „Die Welt“. Dort gibt die Journalistin auch zu bedenken, dass die Sanktionen gegen Russland hauptsächlich die einfachen Leute treffen. Zudem beobachte sie in Westeuropa eine starke „Russophopie“.

Schriftstellerin Ulitzkaja: keine Angst, die Meinung zu sagen

Im „Tagesspiegel“ berichtet die Schriftstellerin Ljudmila Ulitzkaja (79), die Moskau gerade aus Protest in Richtung Berlin verlassen hat, ebenfalls über die Wirkungen der Sanktionen auf die Zivilgesellschaft. In Russland habe Putin „eine Atmosphäre der Angst" geschaffen, die zu einem Schweigen aus Furcht führe. Sie versuche aber immer noch frei ihre Meinung zu äußern und nennt die russische Führung daher vorsätzlich „Kriegsverbrecher."

Ukraine-Botschafter boykottiert Solidaritätskonzert wegen russischer Künstler

Die Berliner Philharmoniker sitzen im Schloss Bellevue vor ein paar Dutzend Zuschauern während Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wegen Krankheit per Video zugeschaltet ist. (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Foto: Annette Riedl)
„Für Freiheit und Frieden“ lautete der Titel des Konzerts der Berliner Philharmoniker im Schloss Bellevue. Gastgeber und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier war wegen Krankheit per Video zugeschaltet.

Einem Solidaritätskonzert für die Ukraine im Schloss Bellevue ist der ukrainische Botschafter Melnyk ferngeblieben. Zuvor hatte er per Twitter angekündigt, an dem Solidaritätskonzert nicht teilnehmen zu wollen: "Nur russische Solisten, keine Ukrainerinnen." Bei dem Konzert mit den Berliner Philharmonikern wurden Werke ukrainischer, russischer und polnischer Komponisten aufgeführt. Neben den Philharmonikern traten auch der russische Starpianist Jewgeni Kissin und der russische Bariton Rodion Pogossov auf.

Auf die Reaktion der Sprecherin des Bundespräsidenten mit einer Erklärung entgegnete Melnyk per Twitter, dass wir Ukrainer keinen Bock auf 'große russische Kultur' haben. Basta.

Keinen Bock auf “große russische Kultur”

Ukraine-Serie gewinnt beim World Press Photo

Eine Serie von Aufnahmen zum Ukraine-Konflikt sind beim renommierten Wettbewerb „World Press Photo“ als beste Pressebilder Europas ausgezeichnet worden. Das teilte die Jury am Donnerstag, 24. März, in Amsterdam mit. Die Bilder des französischen Fotografen Guillaume Herbaut von der Agentur VU zeigen den Ukraine-Konflikt vor Ausbruch des Krieges und siegten in der Kategorie „Langfristige Projekte“. Sie dokumentieren die Spannungen in der Ukraine von 2013 bis 2021 sowie die Besetzung der Krim durch Russland und die Kämpfe in der Ostukraine.

Teodor Currentzis mit Appell für Frieden und Versöhnung auf Europatour

Am kommenden Sonntag, 27. März, startet Teodor Currentzis mit dem SWR Symphonieorchester eine Europatournee. Das Orchester und sein griechisch-russischer Chefdirigent haben sich dazu kurzfristig auf ein ukrainisch-deutsch-russisches Programm verständigt, das sie als gemeinsamen Appell für Frieden und Versöhnung verstehen. Wie der SWR mitteilt, erwartet er darüber hinaus von seinem Chefdirigenten weder die Aufgabe seiner Tätigkeiten in Russland noch eine Stellungnahme zur Invasion Russlands in der Ukraine.

Teodor Currentzis - Musica Aeterna (Foto: IMAGO, Imago -)
Das Ensemble MusicAeterna wurde 2004 von Teodor Currenzis gegründet und hat seit 2019 seinen Sitz in Sankt Petersburg. Unterstützt wird das Ensemble von einer russischen Bank, die auf der Sanktionsliste steht, woraus sich für den SWR aber keine „unterstützende Haltung für den laufenden russischen Angriff auf die Ukraine“ ableiten lässt.

Russische Unterhaltungsstars fliehen nach Israel

Die Sängerin Alla Pugatschewa und der Fernsehmoderator Maxim Galkin bei einer Beerdigung (Foto: picture-alliance / Reportdienste, TASS | Artyom Geodakyan)
Seit mehr als 10 Jahren ein Paar: Sängerin Alla Pugatschewa (72) und Komiker Maxim Galkin (45)

Die in Russland sehr populäre Sängerin Alla Pugachova und ihr Ehemann, der Moderator und Komiker Maxim Galkin, haben Russland verlassen und befinden sich nun in Israel. Wie die israelische Tageszeitung Haaretz berichtet, sei noch unklar, ob sie dauerhaft in Israel bleiben wollen, allerdings seien sie mit ihren beiden Kindern nach Israel gekommen.

Da Galkins Mutter jüdischer Herkunft ist, kann er mithilfe des israelischen Rückkehrgesetzes die israelische Staatsbürgerschaft erhalten. Von dem Paar selbst gibt es bisher keine Erklärung, Galkin hatte zu Kriegsbeginn allerdings den Krieg klar verurteilt.

„Ich stehe seit dem frühen Morgen mit meinen Verwandten und Freunden aus der Ukraine in Kontakt! Ich kann Ihnen nicht sagen, wie ich mich fühle, wie das alles möglich ist! Es gibt keine Entschuldigung für einen Krieg! Kein Krieg!“

Klassikszene verurteilt Krieg und Künstlerboykott

Vladimir Jurowski, Chefdirigent der Bayerischen Staatsoper (Foto: picture-alliance / Reportdienste,  Fotograf: Lino Mirgeler)
Vladimir Jurowski, GMD der Bayerischen Staatsoper und Chefdirigent des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin (RSB): „Nicht jeder fühlt sich im Stande klar auszusagen, weil eine solche Aussage unter Umständen der Person selbst oder ihren Angehörigen, Freunden und Arbeitskollegen in Russland oder Belarus erheblichen Schaden zufügen könnte.“

Mehr als 100 Künstler aus der Klassikszene haben einen Brief unterzeichnet, der den Angriff Russlands auf die Ukraine verurteilt und vor einem Pauschalboykott von Künstlern aus Russland und Belarussland warnt. Der offene Brief wurde von dem russischen Dirigenten und Generalmusikdirektor an der Bayerischen Staatsoper Vladimir Jurowski initiiert.

In dem Brief heißt es unter anderem: „Einen Kulturschaffenden aufgrund seiner Nationalität von einer Veranstaltung auszuschließen, gleichzeitig dem Künstler persönlich aber nicht schaden zu wollen, wie es nun bereits mehrfach geschah, ist nicht möglich.“ Unterzeichnet haben den Brief unter anderem die Dirigenten Simon Rattle, Fabio Luisi, Antonio Pappano, Michael Sanderling und Franz Welser-Möst.

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SWR