Zeitgenossen

Matthias Maurer: „Als Astronaut hat man eine Utopie vom perfekten Leben“

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AUTOR/IN
Marie-Christine Werner

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Wie es sich anfühlt, mit einer Rakete ins Weltall zu fliegen und wieder zurück zur Erde zu kommen, das erleben nur extrem wenige Menschen. Der Astronaut Matthias Maurer ist einer von ihnen. Er forschte knapp sechs Monate auf der ISS, der Internationalen Raumstation. Für ihn war vor allem der Rückflug extrem spannend.

Atemnot eine Minute lang

„Wir fliegen 28.000 Kilometer pro Stunde und nutzen den Trick mit der Luftreibung, um abzubremsen. Wir werden in die Sitze reingepresst, mit dem eigenen vier-bis fünffachen Körpergewicht. Für eine Minute hatte ich richtig fett Atemnot.

Ohne Schutzschild keine Chance

„Die Kapsel wird in diesem Moment so heiß, das sind 1.500 bis 1.600 Grad, die außen an der Unterseite wirken. Wir würden verglühen, hätten wir nicht ein Schutzschild dabei“, so Maurer. „Wir sind wie im Innern einer Neonröhre. Draußen ist das Licht rosa, orange, pastellfarben und dann fliegen Funken vorbei. Das sind Teile vom Hitzeschuldschild, die abbrennen. Und beim Eintauchen in die Atmosphäre entsteht langsam wieder ein Geräusch“. Dieses Röhren und Donnern höre sich an, als stürze man in den „Schlund eines Monsters“.

„Hotelzimmer“ auf der ISS

Dennoch war die Erfahrung für den 53jährigen auf der ISS so einmalig, dass er wieder ins All fliegen möchte. Matthias Maurer hofft, bei der Mondmission der amerikanischen Weltraumbehörde NASA mit der europäischen Weltraumagentur ESA in den nächsten Jahren dabei zu sein. Die ISS werde sich verändern und in den nächsten Jahren und auch  um ein Hotelzimmer für Touristen erweitert, sagt der Astronaut.

Weltraumtourismus bringt Mehrwert

Matthias Maurer hat bereits auf der ISS Besuch von Zivilisten erlebt. Er musste sogar sein Zimmer kurzzeitig räumen.

„Die Touristen haben uns einerseits ein bisschen bei der Arbeit eingeschränkt, aber andererseits sind die auch mit den gleichen Raketensystemen wie wir hochgeflogen. Und je mehr Menschen hochfliegen, desto wirtschaftlicher wird das ganze System, weil die Rakete, die Kapsel besser, moderner entwickelt wird.“

Maurer ist sicher: „Letztendlich profitieren dann auch wir Profi-Astronauten davon, dass wir modernere Raketensysteme haben und dann auch günstiger hochfliegen können.“

Wissenschaftler – nicht Supermann

Matthias Maurer wurde 1970 im saarländischen St. Wendel geboren. Im Jahr 2008 hörte der promovierte Materialwissenschaftler in einen Aufruf der ESA, es würden neue Astronauten gesucht. Er bewarb sich, wurde genommen, bestand alle Eignungstests, gemeinsam mit neun weiteren Bewerber*innen. Doch die Vorgesetzten entschieden sich für andere Kandidat*innen. Matthias Maurer reagierte frustriert, weil er ja seinem Traum schon so nahe war, blieb aber bei der ESA. Jahre später rückte er – für ihn völlig unerwartet – nach. Früher dachte er, Astronauten wären „Supermänner“.  Dann begriff Matthias Maurer: Astronauten sind in erster Linie Wissenschaftler, so wie er.

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Marie-Christine Werner