Kulturmedienschau

Katapult-Magazin: PR-Aktion oder Hilfe für Journalismus in der Ukraine? | 1.2.2023

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AUTOR/IN
Daniel Stender

Hilfe für Journalismus in der Ukraine – das hatte das Katapult-Magazin versprochen. Doch Medienberichten zufolge soll diese Hilfe weniger uneigennützig gewesen sein als angekündigt. Nun ist der Katapult-Chefredakteur zurück getreten.

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Katapult: Datenjournalismus mit Humor und Haltung

Das Katapult-Magazin macht aus Daten und Fakten lustige und lehrreiche Grafiken, die Informationen in neuen Zusammenhängen erscheinen lassen. Dabei geht es dem Magazin auch um politische Themen, um steigende Mieten etwa oder Geschlechtergerechtigkeit. 

Als Russland vor bald einem Jahr die Ukraine überfiel, verkündete der damalige Chefredakteur Benjamin Fredrich, seine Redaktion werde sich engagieren.

Vollmundige Versprechen an die Leser*innenschaft

„Wir müssen über die Ukraine berichten - von hier aus und von der Ukraine aus. Wir werden freie Leute aus der Region unterstützen und auch selbst welche einstellen, ihnen einen sicheren Hafen bieten - mit Geld und Infrastruktur!“, sagte Fredrich damals.

Die Redaktion werde dafür auf die Hälfte der eigenen Gehälter verzichten, außerdem wurden weiteren Spenden eingesammelt. Kurze Zeit später twitterte er: „21 ukrainische Journalist:innen und Fotograf:innen" arbeiteten seit ein paar Wochen „bei uns", und weil genug Geld da sei, „holen wir noch weitere fünf Leute aus der Ukraine dazu"“.

Katapult eröffnet Redaktions-Büro in Odessa 1/

Zu schön um wahr zur sein

Aber vielleicht war diese Geschichte zu schön, um ganz wahr zu sein. Der Journalist Stefan Niggemeier schreibt hierzu auf der Seite Übermedien, dass viele der Menschen aus der Ukraine, die für Katapult tätig waren, keine Journalisten gewesen seien.

„Die meisten wurden nicht eingestellt - und das Büro in Odessa, das die meisten Inhalte lieferte, wurde abrupt geschlossen, ohne ausstehende Gehälter zu zahlen.“, so Niggemeier. 

Vorwurf: Unprofessionelle Arbeit von Katapult

In Niggemeiers Text wird unter anderem eine ukrainische Journalistin zitiert, sie sagt, die Arbeit in der Redaktion sei unprofessionell gewesen, die Außenwirkung des Projekts für deutsche Medien sei wichtiger gewesen als das Projekt einer ukrainischen Redaktion selbst.

Niggemeier schreibt: „Fest steht, dass "Katapult" das Projekt immer wieder übertrieben dargestellt hat, zum Beispiel dadurch, dass öffentlich behauptet wurde, dass ukrainische Journalisten "eingestellt" wurden, wenn sie in Wahrheit offenbar nur frei ein oder zwei Artikel schrieben.“

Benjamin Fredrich ist zurückgetreten

Gestern Abend nun hat Benjamin Fredrich seinen Rücktritt als Chefredakteur von Katapult bekannt gegeben – die Vorwürfe versucht er zu entkräften, ausstehende Gehälter seien nun doch gezahlt worden. Außerdem wolle er sich nun verstärkt dem Projekt „Katapult Ukraine“ widmen. 

Wie dem auch sei – der Schaden für das Ansehen der Medien dürfte groß sein, gerade weil das Katapult-Magazin bislang als Alternative zu großen Medienhäusern galt. 

Tschüss https://t.co/xlBaGDZFOI

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