Radikaler Umbau

Kahlschlag bei Gruner + Jahr erschüttert Medienwelt: Was sind die Ursachen und Folgen?

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INTERVIEW
Christian Batzlen

„Journalismus: gut, Management: schlecht“ – mit dieser Schlagzeile auf einem Transparent demonstrierten Mitarbeitende des Hamburger Verlagshauses Gruner & Jahr gegen die Zerschlagung des Betriebs nach der Übernahme von RTL Deutschland und gegen den großangelegten Stellenabbau.

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700 Arbeitsplätze sollen wegfallen, 23 Magazine werden eingestellt

Aus Protest ist die komplette Geo-Chefredaktion zurückgetreten. Die Mitarbeitenden bangten schon seit Wochen um ihre Zukunft, doch der jetzt angekündigte Kahlschlag übertrifft alle Erwartungen.

Medienjournalist Jörg Wagner lässt im Gespräch mit SWR2 die Begründung nicht gelten, dass die Verluste im zweistelligen Millionenbereich durch die Steigerung der Preise verursacht worden seien. Im Moment würden die Papierpreise durch Überangebote sogar sinken.

Zahlen wiegen schwerer als die Seele eines Medienproduktes

„Das hat vielleicht auch etwas mit dem Bertelsmann-Chef Thomas Rabe zu tun: Er war ja Abteilungsleiter Controlling, er ist kein Medienmensch, sondern Bilanzfreak“, meint Wagner. Es sei ein unheimlich schlechtes zeichen für die Medienwelt im Allgemeinen, wenn Entscheider*innen wie Rabe Zahlen über die Seele eines Medienproduktes stellten.

Durch die Fokussierung auf den Profit, wie sie bei Gruner + Jahr nun zu erleben sei, werde der Journalismus so massiv geschädigt, dass man angehenden Journalistinnen und Journalisten keine Berufsempfehlung mehr geben möchte, sagt Jörg Wagner weiter. Sinnvoller sei es künftig wohl, sich über ein fachfremdes Studium zu spezialisieren und später als Seiteneinsteiger*in den Weg in die Branche zu suchen.

Medienbranche RTL baut 700 Stellen des früheren Verlags Gruner + Jahr ab und stellt zahlreiche Zeitschriftentitel ein

RTL Deutschland will im Zuge einer Neuausrichtung seiner Zeitschriften-Sparte aus dem früheren Verlag Gruner + Jahr 700 Stellen streichen. Der Konzern fokussiere sich auf Kernmarken wie „GEO“, „Gala“ und „Capital“.

KulturmedienschauI26.01.23 Brandbrief bei Gruner + Jahr und neue Leiterin der Kulturstiftung des Bundes. Unsere Kulturmedienschau

Die besorgten Redaktionen von Gruner + Jahr in Hamburg haben Brandbrief geschrieben, denn seit der Hamburger Verlag Gruner + Jahr 2021 mit dem Kölner TV-Sender RTL zusammengelegt wurde, bangen die Mitarbeiter um ihre Arbeitsplätze. Und bei der Kulturstiftung des Bundes in Weimar beginnt Katarzyna Wielga-Skolimowska als neue Leiterin. Ein Glücksfall, wie der Tagesspiegel schreibt.

SWR2 am Morgen SWR2

Gesellschaft Stellenabbau bei Tageszeitungen gefährdet Demokratie

Die beiden größten Tageszeitungen in Baden-Württemberg streichen bis Jahresende ein Fünftel ihrer Redakteursstellen. Solche Sparrunden sind das Symptom einer umfassenden Krise, die auch die ganze Gesellschaft betrifft, sagt der Medienwissenschaftler Prof. Frank Brettschneider: „Demokratie braucht eine funktionierende lokale und regionale Presse, weil sonst die Informationsgrundlage wegbricht ein wesentlicher Teil der Meinungsbildung.“

SWR2 Journal am Mittag SWR2

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Christian Batzlen