Zeitgenossen

Jaroslav Rudiš: „Ich warte im Wirtshaus immer auf einen Erzähler.“

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AUTOR/IN
Silke Arning

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Eigentlich ist er immer unterwegs: quer durch Mitteleuropa, vor allem aber zwischen Prag und Berlin. Jaroslav Rudiš ist ein leidenschaftlicher Zugfahrer und so ist dem Schriftsteller schon bei manchem Plausch im Speisewagen die ein oder andere Geschichte zugefallen. Reichhaltige Beute macht er bei seinen regelmäßigen Stopps in den Wirtshäusern und Kneipen dieser Welt. „Da kommen immer Leute, die unglaublich gut erzählen können, die inspirieren mich.“

„Von Wien nach Lviv (Lemberg) ist es näher als von Wien nach Bregenz.“

Züge durchkreuzen immer auf eine Art die Werke des tschechischen Schriftstellers. Sie führen zu Schlachtfeldern und Unorten, zu Glanz- und Fluchtpunkten einer jahrhundertelangen, verflochtenen deutsch-tschechisch-österreichisch-ungarischen Geschichte. „Wir sind in Mitteleuropa Teil einer viel viel größeren Erzählung“, meint Jaroslav Rudiš und er ist überzeugt: „Das prägt uns bis heute“. In Triest fühlt sich der Autor wie im tschechischen Brno, das westukrainische Lwiw kommt ihm sehr österreichisch vor. Und jeden Tag gebe es einen Nachtzug von Wien nach Lwiw, der dann mit dem Kurswagen nach Kiew weiterfährt – auch in diesem schrecklichen Krieg.

Der tschechische Humor: „Unser Beitrag zu Europa.“

Jaroslav Rudiš ist ein Tausendsassa: ein leidenschaftlicher Geschichtensammler, Musiker, Comic- und Bühnenautor. Sein Rezept für alle Lebenslagen: in die Sauna gehen und ein Bier trinken. Und wenn es richtig ernst wird, hilft der tschechische Humor. Das ist „die perfekte Waffe gegen jegliche Art von Diktatur“. Menschen wie Putin liebten den Humor nicht. „Humor und Witze – das ist die absolute Freiheit“. Die angespannten Themen mit ein bisschen Abstand und Ironie anzugehen – „das ist vielleicht unser Beitrag zu Europa.“

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Silke Arning