Zeitgenossen

Heinz Mack: „Ich wollte immer eine neue Kultur des Sehens“.

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Susanne Kaufmann

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Wenn Heinz Mack erklären soll, warum die Kunstrichtung, die er 1957 mitbegründete, „Zero“ heißt, zitiert er seine Antwort gegenüber der New York Times: „Zero ist Zero. Und Zero ist nichts anderes als Zero. Zero is the beginning. Und nicht nur the beginning, it's the beginning of the beginning." Mack sagt: "Wir wollten unter keinen Umständen wiederholen, was bereits geschehen ist.“

 Konrad Adenauer als Reizfigur

Dass damals in Deutschland viele Menschen ihr Glück im Sessel vor dem Fernseher fanden, irritierte ihn. Ihn irritierte auch der Slogan von Konrad Adenauer „Keine Experimente!“ im Wahlkampf 1957. „Das ist der Geist dieser Zeit, dass man die Leute eingeladen hat einzuschlafen. Das hat mich empört! Ich habe einen Farbtopf genommen und einen Pinsel und bin von Litfaßsäule zu Litfaßsäule und von Plakatwand zu Plakatwand getigert und habe das Wort 'keine' durchgestrichen – bis die Polizei kam.“

 Technikfeindlichkeit der Intellektuellen

Heinz Mack träumte von einem Aufbruch in neue Welten. Er war von der Raumfahrt fasziniert und experimentierte mit Licht, Bewegung und neuen Materialien. „Das führte zu sehr bösen Reaktionen in der Öffentlichkeit, vor allem bei den Intellektuellen. Die Feuilletons waren damals mit Leuten besetzt, die geradezu eine Phobie entwickelt hatten gegenüber moderner Technik“, erinnert er sich.

 Wüste als Bewusstseinserweiterung

Das Interesse, neue Räume zu entdecken, führte ihn in die Wüste. „Ich war zutiefst fasziniert von diesem Raum, der praktisch unendlich war und sich in allen Dimensionen gleichermaßen ausbreitete. Er hatte keine Grenzen mehr – selbst der Horizont verschwand im Himmel.“ Auch in der Kunst eroberte er fortan neue Räume mit dem Ziel, „zu einem neuen Bewusstsein zu führen, zu einer neuen Kultur des Sehens“.

 Ibiza ist Lichtinspiration

Mit 91 Jahren steht Heinz Mack noch immer täglich in seinem Atelier, am liebsten auf Ibiza, wo er das Licht als so schön empfindet wie an keinem anderen Ort der Welt. „Es ist warm und sinnlich und von großer Transparenz. Es lädt dazu ein, klar und deutlich zu sehen und zu denken.“

 Bekanntheit verpflichtet zu moralischer Integrität

Mit scharfem Verstand und wachem Geist blickt er zurück auf das 20. Jahrhundert und auf sein Lebenswerk. Dabei bewegen ihn bis heute die großen politischen Themen. „Leute, die in der Öffentlichkeit einen gewissen Namen haben, sollten aus Gründen der moralischen Integrität in der Öffentlichkeit auch sagen, was sie denken.“ Was hält der Lichtkünstler davon, dass wegen der Energiekrise die Beleuchtung der Städte runtergefahren wird? „Ich finde diese Maßnahmen absurd und beschämend und kann nicht nachvollziehen, was das in Bezug auf die ganze Energiefrage an Gewinn bringen soll.“

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Susanne Kaufmann