Bei den Krawallen in Stuttgart haben wir es mit einer Vielfalt von jungen Menschen zu tun, die in Corona-Zeiten ihrer üblichen Orte beraubt sind: wie Bars, Clubs und Diskotheken. Der Jugendsoziologe und Mitautor der Shell-Jugend-Studie von 2019 Ingo Leven betont, dass diese Generation geprägt ist von einem Leben mit Fahrt auf Sicht, die nicht wüssten, was insgesamt aus ihrem Leben wird. Das könne dann auch zu Eskalation und Formen von Gruppendynamiken führen, wie wir sie nun erlebt haben, sagt der Experte.
Gerade junge Männer hätten deutlich mehr Probleme, mit den Anforderungen des Bildungssystems Schritt zu halten, sie fielen viel öfter aus dem Raster. Sie kämpften mit problematischen Rollenbildern und -vorstellungen, in denen sie sich fragen: Welche Perspektiven habe ich? Mit mangelnden Perspektiven entstünden da Frustrationen, die sich dann manchmal auch entladen.
Trotzdem sei nicht jede Gewaltäußerung gleich eine politische Äußerung und sollte auch nicht als solche überhöht werden, betont Leven. Aber es sei eben ein Ausdruck und Bild der Gesellschaft, dass junge Männer in unserer Gesellschaft so gewaltbereit in Erscheinung treten, so der Soziologe in SWR2.