Migrationspolitik

Fünf Jahre „Wir schaffen das“: Deutschlands Willkommenskultur und ihre Folgen

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Lydia Huckebrink

„Wir schaffen das“ – Ein einfacher Satz von Angela Merkel, der zum Sinnbild wurde für den kurzen Augenblick gelebter Willkommenskultur in Deutschland. Merkels Entscheidung vom 4. September 2015, die Grenze nach Deutschland für den Strom der Geflüchteten in Ungarn offen zu halten, brachte Deutschland weltweit zwar Respekt entgegen. Doch im eigenen Land kam es bald zu heftigem Widerstand – mit Konsequenzen, die bis heute nachwirken.

Am 31. August 2015 setze Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer Rede ein starkes Zeichen der Zuversicht in der Flüchtlingspolitik.

„Wir haben so vieles geschafft. Wir schaffen das!“

Sie sagte diesen Satz in einer angespannten Zeit. Die Zahl der Geflüchteten in Deutschland stieg massiv an und immer mehr Menschen kamen über die Balkanroute nach.

Zunächst erregte die Aussage kein großes Aufsehen. Dann folgte die Entscheidung vom 4. September, die deutsche Grenze für den langen Strom der Geflüchteten auf der Balkanroute offen zu lassen. Seitdem steht der Satz sinnbildlich für Merkels solidarische Flüchtlingspolitik jener Zeit.

Solidarität und Widerstand

Merkels Entscheidung stieß in Deutschland zunächst auf großen Zuspruch. Breite Teile der Bevölkerung engagierten sich ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe. Sie trugen einen wesentlichen Teil zur damaligen Willkommenskultur bei.

So wie im Stegskopf im Westerwald: Der ehemalige Truppenübungsplatz war vor fünf Jahren einer der Anlaufpunkte für Migrant*innen in Rheinland-Pfalz. Im Video erinnern sich die ehrenamtlichen Helfer von damals an die ereignisreiche Zeit.

Doch die Welle der Euphorie und der Solidarität in der Bevölkerung stieß bald auf massiven Widerstand. Der manifestierte sich vor allem im Aufstieg der AfD.

Aber auch aus den eigenen Reihen wurde Merkel kritisiert. Die Bundeskanzlerin erklärte ihren Schritt, die Grenze nicht zu schließen, als Akt der Humanität, ihre Gegner warfen ihr Rechtsbruch vor und forderten die Abwehr irregulärer Migration.

Es folgte ein jahrelanger interner Machtkampf mit dem bayrischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer von der CSU.

Alan Kurdi: Die Macht der Bilder

Es war eine emotionale Debatte um Grenzpolitik, humanitäre Verantwortung und das Recht auf Asyl, die in ganz Europa geführt wurde. Besonders ein Bild hat sich tief in das kollektive Gedächtnis eingegraben: Das des toten syrischen Flüchtlingsjungen Alan Kurdi.

Am 2. September 2015 ging das Bild seines Leichnams am Strand von Bodrum um die Welt. Alan Kurdi und seine Familie haben die Flucht im Schlauchboot über das Mittelmeer nicht überlebt.

Es war ein Bild mit enormer politischer Sprengkraft. Es hat die Debatte um Europas Einwanderungspolitik elektrisiert und Regierungen unter Handlungsdruck gesetzt. Auch Künstler*Innen haben das Bild weltweit reproduziert, sagt Kunsthistoriker Ulrich Blanché in SWR2.

Programmtipp in SWR2

Was ist geblieben von den erregten Debatten vom Herbst 2015? Sind die Probleme von damals gelöst und was haben wir geschafft? Das Forum diskutiert:

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