Bei einer Auslieferung Julian Assanges sei nicht nur die Pressefreiheit in Gefahr, sagt die Regisseurin und PEN-Vorsitzende Angela Richter. „Tatsächlich glaube ich, dass er sich möglicherweise umbringen würde. Er war schon in einem psychisch fragilen und angeschlagenem Zustand, als ich ihn zuletzt gesehen habe.“
Könnte Assange doch noch freikommen?
Die letzte Begegnung mit Assange hatte Angela Richter, die Vorsitzende des PEN-Zentrums Deutschland, vier Monate vor dessen Verhaftung. Nun demonstriert sie, anlässlich des Tags der Menschenrechte am 10. Dezember, für die Freilassung des Whistleblowers.

„Es gibt die Hoffnung, dass Assange doch noch freikommt“, sagt Richter bei SWR2, „weil mittlerweile eigentlich alle Menschenrechtsorganisationen einhellig dazu aufrufen.“
Zeitungen ringen sich endlich zu einem Statement für Assange durch
Auch die Zeitungen, die damals gemeinsam mit Assange jene legendären Enthüllungen publiziert hätten, wie die New York Times, El Pais, Le Monde, der Spiegel und der Guardian, hätten sich endlich zusammengeschlossen und einen längst überfälligen Brief zur Freilassung von Assange veröffentlicht.
„Woraufhin der Ministerpräsident der australischen Regierung sich zum ersten Mal direkt an die USA gewandt hat und darum bat, den Fall fallenzulassen. Da ich sehe schon eine positive Tendenz, durch den steigenden, öffentlichen Druck.“
Zur aktuellen Situation um Assange
Tag der Menschenrechte Druck der Öffentlichkeit wächst – „Auslieferung von Julian Assange wäre Katastrophe!“
Bei einer Auslieferung Julian Assanges an die USA sei nicht nur die Pressefreiheit in Gefahr, sagt die Regisseurin und PEN-Vorsitzende Angela Richter. „Tatsächlich glaube ich, dass er sich möglicherweise umbringen würde. Er war schon in einem psychisch fragilen und angeschlagenem Zustand, als ich ihn zuletzt gesehen habe.“
Forum Showdown um Julian Assange – Wie gefährdet ist die Pressefreiheit?
Doris Maull diskutiert mit
Dr. Andrew B. Denison, Publizist und Direktor Transatlantic Networks
Kathrin Röggla, Vizepräsidentin der Akademie der Künste Berlin
Holger Stark, Leiter Investigative Recherche, ZEIT und ZEIT-Online
Gespräch „Schwarzer Tag für die Pressefreiheit“: Der Fall Assange zeigt, wie schlecht es um den Whistleblower-Schutz steht
„Heute ist definitiv ein schwarzer Tag für die Pressefreiheit“, sagt der Investigativjournalist Daniel Moßbrucker im Gespräch mit SWR2, im Hinblick auf die Entscheidung der britischen Regierung, Julian Assange in die USA auszuliefern. Immerhin hatte Assange dazu beigetragen Kriegsverbrechen aufzuklären.
Aus dem Archiv
6.4.2010 WikiLeaks: Das brisante Irak-Video
6.4.2010 | WikiLeaks gründete sich 2006. Die ersten brisanten Dokumente veröffentlichte die Plattform 2007. Da ging es um Korruption in der kenianischen Präsidentenfamilie sowie um geheime menschenrechtswidrige Richtlinien im US-Gefangenenlager Guantanamo. Doch in Deutschland schlug das noch keine Wellen. Im Rundfunk wurde 2007 zwar schon vereinzelt über WikiLeaks berichtet, nur in einigen Spartenprogrammen, also in Computer- und Internet-Sendungen. In den Nachrichtensendungen tauchte die Sendung erstmals am 6. April 2010 auf, als Wikileaks unter dem Titel Collateral Murder ein Video veröffentlicht. Es zeigt, wie US-Soldaten von Kampfhubschraubern aus mit zynischen Kommentaren auf zum Teil auch Zivilisten in Bagdad schossen. BR-Reporterin Andrea Mittlmeier beschreibt, was im Video zu sehen ist.
26.7. 2010 WikiLeaks: Die Afghanistan-Kriegsdokumente
26.7. 2010 | Drei Monate nach dem brisanten Irak-Video gelingt WikiLeaks im Juli 2010 der nächste große Coup. Die Organisation publiziert eine Sammlung von fast 77.000 Dokumenten aus dem Kriegseinsatz in Afghanistan. 15.000 weitere Dokumente hält Wikileaks unter Verschluss, weil sie Informanten gefährden könnten. Wikileaks lanciert die Dokumente an Spiegel Online, die New York Times und den Guardian, die sie auswerten und darüber berichten.
3.12.2010 WikiLeaks: Julian Assange wird gejagt
3.12.2010 | Nachdem WikiLeaks den USA viel Ärger bereitet hat durch die Veröffentlichung von Kriegsdokumenten und dem Irak-Video wächst der Ärger auf WikiLeaks und den Kopf der Organisation Julian Assange. Einige US-Politiker fordern sogar die Todesstrafe. Julian Assange wird zum Gejagten, in der realen Welt und digital.
7.12.2010 Julian Assange wird in London festgenommen
7.12.2010 | Wikileaks-Gründer Julian Assange stellt sich am 7. Dezember 2010 der Londoner Polizei. Hintergrund ist ein Internationaler Haftbefehl aus Schweden. Der Vorwurf: Vergewaltigung.
In der Folge wird Julian Assange unter Hausarrest gestellt. 2012 flieht er in die Ecuadorianische Botschaft in London und beantragt Asyl. Ecuador entzieht ihm im April 2019 das Asyl- und damit das Aufenthaltsrecht in der Botschaft. Assange wird verhaftet und kommt ins Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh. Sein Gesundheitszustand verschlechtert sich, der Sonderberichterstatter des UN-Menschenrechtsrats kommt zum Ergebnis, dass Julian Assange psychologisch gefoltert wurde. Die Schwedische Staatsanwaltschaft stellt im November 2019 die Ermittlungen gegen Julian Assange ein. Begründung: Die Beweislage habe sich deutlich abgeschwächt.
Dokus und Bücher zum Thema
Film Julian Assanges Vater in der Doku „Ithaka“: „Menschenrechte gelten für alle“
„Die Menschenrechte, das Asylrecht und die Regeln des Strafrechts – all das wird ausgesetzt, wenn es um meinen Sohn geht. Dabei sind die Menschenrechte unteilbar“, sagte der Vater von Julian Assange, John Shipton. Sein langjähriges Engagement für seinen Sohn Julian Assange steht Zentrum des Dokumentarfilms „Ithaka“, der beim Berliner Human Rights Film Festival Deutschlandpremiere feierte.
Buchkritik Nils Melzer - Der Fall Julian Assange. Geschichte einer Verfolgung
Im Jahr 2010 soll Julian Assange in Schweden zwei Frauen zum Sex gezwungen haben. So jedenfalls lautete die Anklage gegen den prominenten Whistleblower, die schon bald erhoben wurden, nachdem er Videos geleakt hatte, in denen US-Soldaten auf irakische Zivilisten schießen. Assange verschanzte sich daraufhin jahrelang in der ecuadorianischen Botschaft in London. Dass die Vorwürfe gegen Julian Assange politisch motiviert waren, zeigt jetzt Nils Melzer, UNO-Sonderberichterstatter für Folter, in seinem Buch "Der Fall Julian Assange".
Rezension von Thomas Moser.
Piper Verlag München 2021, 336 Seiten, 22 Euro
ISBN 978-3-49207-076-8
Buchkritik Anna Ardin - Im Schatten von Assange
Die Schwedin Anna Ardin hat Wikileaks-Gründer Julian Assange wegen sexueller Belästigung angezeigt und damit für dessen Verhaftung in London gesorgt. In ihrem Buch schildert sie ihre sehr intime Sicht der Ereignisse.
Rezension von Eva Karnofsky.
Aus dem Schwedischen von Antje Rieck-Blankenburg
Elster & Salis Verlag, 334 Seiten, 20 Euro
ISBN 978-3-0393-0020-4