Königin Silvia hat sich die Ehrenbürgerschaft verdient. Ihre Lebensgeschichte zeigt, dass es möglich ist, dem Uradel in Europa Sinn und Zweck einzuhauchen. „Unser Silvia“, wie sie hierzulande oft liebevoll genannt wird, hat mit ihrem Carl Gustav von Schweden eine der schönsten Love Stories des 20. Jahrhundert hingelegt. Fragt sich, was sie als Ehrenbürgerin von Heidelberg nun alles darf? Feststeht: Die Ehrung kommt reichlich spät – hat aber einen Sinn, meint SWR2 Autor Rainer Volk.

Ach, wir Deutsche sind bei Adels-Themen ganz besonders dumm dran
Mit Europas Uradel ist nicht mehr viel Staat zu machen. In London hat man es neulich nochmal probiert. Aber die Krönung von Charles war recht „retro“. Der Höhepunkt, die Salbung, angeblich durch Gott, fand hinter einem Paravent statt. Das geht heutzutage gar nicht mehr, ohne Snapchat als Beweis.
Wir Deutsche sind bei Adels-Themen ganz besonders dumm dran. Wir bekamen, angeblich von höheren Mächten, die Hohenzollern ab. Von angeblich edlem Geblüt soll auch Heinrich Prinz Reuß sein. Kein Wunder, dass einer jungen Bürgerlichen vergangene Woche bei der Hochzeit mit einem Bayern-Prinzen kurz schwarz vor Augen wurde.
Rund um die Krönung von King Charles III. Das Geschäft mit der Monarchie
Das Geschäft mit der Monarchie boomt und die Royals spülen ordentlich Geld in die seit dem Brexit oft leeren Kassen – zum Beispiel mit Tee-Servicen mit King Charles' Konterfei.
Ohne Silvia von Schweden wäre es so deprimierend!
Präzise gesagt: Es wäre alles deprimierend, gäbe es nicht Silvia von Schweden, geborene Sommerlath. „Unser Silvia“ wie Elke Heidenreich sie in der Verkleidung der Metzgersgattin Else Stratmann einst völlig zurecht getauft hat.
Es war eine der wenigen echten Love Stories des 20. Jahrhunderts, viel besser als Meghan und Harry. 1972 war allerdings auch „vor Netflix“. Sie, die Hostess bei Olympia; er, der etwas spröde Kronprinz, dann König von Schärenland. Es geschah: Heirat, Kinder, zahllose Auftritte in aller Welt.
62 Vereinigungen leiht Silvia Charme und Aura als Schirmherrin und ist Mitglied von „Zonta International“, einem Klub berufstätiger Frauen in verantwortungsvollen Positionen. Deshalb hier und jetzt großes Lob für Heidelberg! Silvia zur Ehrenbürgerin zu ernennen – da gibt es nichts zu meckern. Außer, dass es reichlich spät ist.
Silvia als Autorin beim Heidelberger Stückemarkt?
Ehrenbürgerschaften sind was Tolles: Träfe Sie oder mich dieses Los, wir dürften gratis mit Bus und Straßenbahn durch die Stadtwelt fahren. Heidelberg legt in diesem Fall vermutlich noch was drauf: Freifahrten auf dem Neckar, vielleicht auch Freikarten für den Heidelberger Frühling.
Unser Vorschlag wäre, Silvia als Autorin beim Heidelberger Stückemarkt zuzulassen. Anders als Legionen von Jungdramatiker*innen, deren Figuren nur Statements deklamieren, wäre von ihr Substantielles zu erwarten. Angelehnt an Sartres „Die Fliegen“ vielleicht ein Drama über Schwedens großes Sommer-Thema: Die Mücken. Oder ein Kammerspiel, nur zwei Personen, tiefgründig, über den Alltag auf Schloss Drottningholm. Leider ist der Titel „Der König und ich“ schon vergeben.
Wahrscheinlich ist die Ehrenbürgerwürde von Heidelberg aber nur ein versteckter Wink, künftig öfter in der alten Heimat vorbeizuschauen. Den Einheimischen, egal ob männlich, weiblich oder divers, die eine schwere Jugend durchleben, mag Silvias Geschichte dezenter Hinweis sein, nie zu verzagen. Irgendwo lauert womöglich doch ein Frosch, der sich küssen lässt. Und dann geht's aufwärts im Leben.
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