Gespräch

„Am Ende war er gebrochen“: Rosa von Praunheim über seinen Film „Rex Gildo – der letzte Tanz“

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INTERVIEW
Frauke Oppenberg

Offen Schwulsein – das war in der jungen Bundesrepublik gefährlich. Viele Homosexuelle lebten damals ein Leben im Geheimen. Einer von ihnen war der Schlagerstar Rex Gildo, dem Regisseur Rosa von Praunheim eine ARD-Doku gewidmet hat.

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Schwulsein in der Schlagerbranche

Am Anfang der Karriere von Rex Gildo sei die Situation der Homosexuellen in Deutschland sehr dramatisch gewesen, so Rosa von Praunheim: „Zwischen 1949 und 1969 sind doppelt so viele Schwule ins Gefängnis gekommen, wie während der Nazizeit.“ 1969 habe sich die Lage liberalisiert, aber zu dem Zeitpunkt sei Rex Gildo dann schon sehr bekannt gewesen und als Frauenschwarm aufgebaut. „Da gab's für ihn kein zurück mehr.“

Bedeutung der Vaterfigur Fred Miekley

Aus der Bahn geworfen habe Rex Gildo vor allem der Tod seines Managers und seiner großen Liebe Fred Miekley im Jahr 1988. Miekley habe ihn aufgebaut, er habe ihn getroffen als er 17 war. „Plötzlich war dieser strenge Lehrer weg, der ihm eigentlich alles sagte, was er zu machen hat.“ Daraufhin sei Rex Gildo „haltlos“ geworden. Danach hätten auch seine Rückenschmerzen begonnen. Über die Rückenschmerzen sei der Schlagerstar dann tabletten- und alkoholsüchtig geworden.

Die letzte Liebschaft zerbrach ihn

Viele verpatzte Auftritte und ein wildes Liebesleben hätten Gildo schließlich in eine Abwärtsspirale gezogen. „Als dann sein letzter Freund mit ihm Schluss machen wollte, hat ihn das zerbrochen, da ist er dann aus dem Fenster gesprungen.“

Allerdings habe Rex Gildo schon vorher Depressionen gehabt, so von Praunheim. Dabei sei Rex Gildo mit seinem Schicksal nicht alleine gewesen. „Es gab ja viele andere Stars und gibt es immer noch, die heimlich ihre Sexualität ausüben“, so von Praunheim. Minderheiten müssten weiter um ihre Rechte kämpfen und zwar weltweit. „Da ist noch viel zu tun.“

Regisseur und Aktivist Der schwule Stachel im Fleisch der BRD: Rosa von Praunheim wird 80

Als Rosa von Praunheim in einer Talkshow Hape Kerkeling und Alfred Biolek als schwul outet, verlangt die Presse erfolglos den Boykott des Regisseurs. Ein Glück, denn seinem kompromisslosen Streit für die Sichtbarkeit schwulen Lebens verdanken wir die Selbstverständlichkeit, mit der heute in Deutschland queeres Leben stattfindet.

Kulturmedienschau Der Schocker des deutschen Bürgertums: Regisseur Rosa von Praunheim wird 80 | 25.11.2022

Rosa von Praunheim hat mit seinem Kampf für die Emanzipation der Homosexuellen nicht nur polemisch, sondern auch ästhetische Zeichen gesetzt, kann man heute in den Kulturseiten der Tageszeitungen lesen. Kein Wunder, von Praunheim ist die ganze Zeit am Arbeiten: Er hat mehr als hundert Filme gedreht, noch mehr Bilder gemalt, Bücher geschrieben, am Theater inszeniert und nebenbei das Establishment schockiert. Heute wird Rosa von Praunheim 80 Jahre alt.

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Zeitwort 10.12.1991: Rosa von Praunheim outet schwule Promis

„Ich wusste, das ist unanständig. Aber Kerkeling und Biolek haben später gesagt, dass sie befreit sind, dass das Versteckspiel vorbei ist“, sagte Rosa von Praunheim zu seinem Auftritt in der RTL-Talkshow „Der heiße Stuhl“. Vor laufender Kamera outete der Regisseur und Schwulenaktivist die beiden TV-Promis darin als homosexuell.

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