„Wir sind mit deiner Art nicht vertraut. Du bist in unserem Dorf willkommen, solange Du niemanden frisst.“
Als ob die kleine, süße Katze, die wir spielen, dem schlanken, großen Roboter irgendetwas anhaben könnte. Sein Kopf besteht, wie bei all seinen Geschwistern, aus einen alten Röhrenbildschirm, der nun ein neutrales Smiley-Gesicht-zeigt. Und mit seinem Segen ziehen wir nun los, die eng verwinkelte Stadt der Roboter zu erkunden.
Wir steuern eine rotfellige Katze, die zu Beginn des Spiels durch einen Sturz von ihrer Familie getrennt wurde und in eine hermetisch abgeriegelt Stadt gefallen ist – und damit ist das Ziel des Spiels schon klar: aus der Stadt entkommen. Diese ist halb zugemüllte Favela, halb Cyberpunk-Moloch à la “Blade Runner”.
Neue Reize durch Perspektivwechsel
Solche post-apokalyptisch angehauchten Stadtbilder sind zwar inzwischen leidlich ausgereizt, aber sie gewinnen einen ganz neuen Reiz durch die Perspektivwechsel, die „Stray“ vornimmt: Denn diese Stadt wirkt trotz aller Schäbigkeit freundlich, lädt zum Herumstöbern ein, manchmal sogar zu einem kleinen Schläfchen.
Und: Wir sehen diese Welt aus Sicht einer Katze, also einerseits immer von unten, weil alles uns überragt, andererseits von oben, weil die Katze mit großer Leichtigkeit überall hochklettern und die Umgebung von oben betrachten kann.
Ein Drohnenbegleiter liefert Informationen
Hier wohnen nur Roboter, humanoid in Gestalt und menschlich im Verhalten, allerdings immer etwas traurig und manchmal scheinbar ohne Verständnis für die menschlichen Codes, die sie kopieren. Eine kleine Drohne, die uns begleitet, übersetzt das Maschinengeplapper der Androiden: „Wir altern nicht wie unsere Vorfahren, die Weichen. Wir sind hier gefangen, für immer.“
Was mit den Weichen, also den Menschen, geschehen ist, können wir uns aus Gesprächen und Erinnerungen unseres Drohnenbegleiters erschließen. Aber viel prägender ist das Gefühl, dass die melancholischen Roboter nicht nur nach dem Sinn des Lebens suchen, sondern überhaupt erst verstehen möchten, was Leben bedeutet. Und Tod.
Die Hauptattraktion ist die Katze selbst
Auf der ludischen Ebene ist „Stray“ eine leichtes Puzzle-Spiel: Wo muss ich hin, mit wem sprechen, was tun? Große Anforderungen an das Können der Spielenden gibt es nicht. Meist gibt es keinen Zeitdruck, abstürzen kann die Katze auch nicht, und nur gelegentlich gibt es gefährliche Action-Sequenzen, die den ansonsten ruhigen Takt des Spiels unterbrechen.
Die Hauptattraktion aber ist die Katze selbst. Dem Studio BlueTwelve ist mit ihr ein kleines Kunststück gelungen: Die Bewegungen, das Verhalten der Katze sind so gefühlsecht nachempfunden, dass man ganz in dieser Tierfigur aufgeht.

Eine gesicherte Datengrundlage durch Cat-Content
Die Eleganz und Sicherheit, mit der sie von Lüftungskästen auf Regenrinnen springt oder über schmale Simse läuft, wirkt absolut natürlich. Einer der Entwickler berichtete dem Magazin EDGE, dass sie dafür keine Katze in einen motion-capture-Anzug stecken mussten, sondern das Team riesige Datenmengen analysierte, um den Bewegungsapparat der Katze so realistisch zu simulieren:
Da das Internet anscheinend vor allem geschaffen wurde, um Videos und Fotos von Katzen online zu stellen, hatten wir wirklich sehr viele Daten als Grundlage für unsere Arbeit.
Und selbst der abgebrühteste Zocker erwischt sich bald dabei, mit Wonne die Krallen an Teppichen und Türen zu wetzen, nach Bällen zu tätzeln, oder Flaschen und Dosen von hohen Kanten zu schubsen und natürlich genüsslich auf einer Klaviertastatur umherzustolzieren.