Schmetterling auf lila Blüte (Foto: SWR, SWR -)

SWR2 Wissen: Aula | Rettet die Insekten!

"Massenaussterben erdgeschichtlichen Ausmaßes". Artenvielfalt der Insekten bedroht

Stand
INTERVIEW
Ralf Caspary
ONLINEFASSUNG
Susanne Paluch

Studien belegen ein weltweit dramatisches Insektensterben. Andreas Segerer, Insektenkundler an der Zoologischen Staatssammlung München, spricht sogar von einem "Massenaussterben erdgeschichtlichen Ausmaßes". Im Gespräch mit Ralf Caspary nennt Andreas Segerer Ursachen, bietet aber auch Lösungsvorschläge an.

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Das Gespräch mit Andreas Segerer auf einen Blick:

Die Bestände von 41 Prozent aller weltweit untersuchten Insektenarten sind rückläufig, viele davon vom Aussterben bedroht. Und was die Biomasse angeht, ist weltweit ein Rückgang von 2,5 Prozent pro Jahr festzustellen. Im Zeitraum zwischen 1971 und 2000 sind z.B. mehr Schmetterlingsarten aus Bayern verschwunden als in den ganzen 200 Jahren zuvor.  

Die Gründe für das Insektensterben liegen bei uns Menschen und der Art und Weise, wie wir leben und wirtschaften. Dazu gehören: 

  • Flächenfraß durch Baumaßnahmen Darunter versteht man, dass natürliche Flächen bebaut werden. Beispiel: Ein Baumarkt entsteht am Stadtrand im Grünen. Für den Baumarkt werden Parkplätze benötigt und Zufahrtsstraßen. Das "frisst" die natürliche Landschaft.
  • Flurbereinigung und Verödung der Landschaft Das ist die Ausräumung der Landschaft. Strukturelemente aus der Landschaft, z.B. Heckenzeilen, Feldgehölze und Wiesenstreifen werden entnommen mit dem Ziel, die Flächen leichter bewirtschaftbar zu machen. Die industriell betriebene Landwirtschaft schafft so enorm viele Monokulturen, also weite Felder nur mit Raps oder Mais. 
  • Einsatz von Stickstoffen und Pestiziden Gemeint sind reaktive Stickstoffverbindungen, die Düngewirkung haben. Knapp zwei Drittel stammen aus der intensiven Landwirtschaft und Massentierhaltung. Außerdem Pestizide, also Insekten- und Pflanzenvernichtungsmittel, die im Wesentlichen von der Landwirtschaft eingesetzt werden. Sie verbreiten sich über die Luft und über das Wasser bis in Naturschutzgebiete hinein. 
  • Umverteilung der Agrar-Subventionen Momentan ist die Subventionierung flächenbezogen, je größer die Flächen der Bauern, desto mehr Gelder. Das sollte auf EU-Ebene umgestaltet werden, sodass nicht die großen Flächenbesitzer bevorzugt werden, sondern diejenigen Landwirte, die umweltfreundlich wirtschaften. Also: umweltbezogene statt flächenbezogene Subventionen. 
  • Umweltschäden einpreisen Wir freuen uns über billiges Schweinefleisch aus Massentierhaltung an der Theke, aber das ist nur deswegen so billig, weil die Art und Weise dieser Produktion massiv subventioniert wird und die entstandenen Umweltschäden nicht in die Preisgestaltung einfließen. Das muss geändert werden.
  • Druck auf die Politik ausüben Das bayrische Volksbegehren "Rettet die Bienen" ist ein großer Hoffnungsschimmer. Es haben fast doppelt so viele Leute unterschrieben als notwendig gewesen wäre, um das Volksbegehren durchzubringen. Das war ein so starkes Signal, dass die Politik reagieren musste. Wenn das ein Flächenbrand würde und andere Bundesländer mitmachten, würde das die Politik unter Druck setzen und zu Veränderungen bewegen. 
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Ralf Caspary
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Susanne Paluch