Belarus macht kulturpolitische Schikane
Der Chefredakteur der Fachzeitschrift „Osteuropa“ nennt die Maßnahmen selbstzerstörerisch und meint, Belarus verlege sich auf kulturpolitische Schikanen, weil es über keine symmetrischen Gegensanktionen zu den Wirtschafts-Einschränkungen der EU nach der erzwungenen Landung eines Verkehrsfliegers in Belarus Ende Mai verfügt.
Mit dem „Aus“ für die kulturpolitische Arbeit Deutschlands vermeide es der Diktator in Minsk, die Deutsche Botschaft und die Bundesregierung zu treffen. Er ziele mit ihm vielmehr auf die eigene Bevölkerung. Sapper bilanziert: „Lukaschenko baut eine neue Gefängnismauer um das ganze Land auf.“
Angebote vom Goethe-Institut und DAAD wurden in Belarus gut angenommen
Die Arbeit des Goethe-Instituts in der Hauptstadt Minsk sei hervorragend und komme einem „Fenster zum Westen“ gleich. Deshalb würden die Angebote stark genutzt. Sapper sieht die Eskalation der Krise zwischen Belarus und der EU als Folge der Proteste gegen die manipulierten Wahlen im vergangenen Jahr: „Es ist eine aufgeklärte, kritische, kluge, mobile Generation herangewachsen. Sie sagt: Wir wollen unsere eigenen Rechte wahrnehmen. Deshalb ist das jetzt ein legitimes Ziel aus der Sicht des Regimes.“
Für den DAAD gelte Ähnliches. Er bringe den akademischen Nachwuchs des Landes an die westlichen Standards heran. Sapper: „Er gilt als Träger von Aufklärung und kosmopolitischem Denken - und das wird nicht gewollt.“
Migrant*innen aus Belarus brauchen bessere Bedingungen
Die Migration gebildeter junger Menschen („Brain drain“) aus Belarus sei dramatisch. Der Experte rät der deutschen Regierung, die Bedingungen für diese Menschen zu verbessern. Bei einer Rückkehr in die Heimat gelte nämlich: „Sie würden sofort festgenommen, wenn sich an den Demonstrationen beteiligt haben."
Manfred Sapper hat Politikwissenschaft, Soziologe und Geschichte studiert. Er leitet seit 2002 die Zeitschrift "Osteuropa", die von der Deutschen Gesellschaft für Osteuropa-Kunde herausgegeben wird.