Meine kleinen Schätze – Geschichten von Migration

Florence Brokowski-Shekete: Nuss-Nougat-Creme und das eigene Buch

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AUTOR/IN
Florence Brokowski-Shekete

Florence Brokowski-Shekete ist freie Beraterin und Autorin. Als Kind lebte sie bei ihrer Pflegemutter in Deutschland und bei ihren Eltern in Nigeria. Das Glas Nuss-Nougat-Creme steht für sie bis heute für Luxus und Sorglosigkeit, etwas, worauf sie als Kind oft verzichten musste. Über die Herausforderung, sich als schwarze Deutsche ihren Weg zu suchen, hat sie ein Buch geschrieben. Es steht für die Entschlossenheit, sich nicht länger zu verstecken.  

Florence Brokowski-Shekete (Foto: SWR, Niko Hönig)
Florence Brokowski-Shekete

  Kindheit in Buxtehude

Florence Brokowski-Shekete wird 1967 in Hamburg geboren. Weil ihre Eltern studieren, kommt sie zu einer Pflegemutter. Die beiden lieben sich sehr. Mit acht Jahren aber muss sie ihre leiblichen Eltern in deren Heimat Nigeria begleiten. Für Florence ändert sich damit alles.   

„Ein Glas Nuss-Nougat-Creme ist für mich der Inbegriff von gustatorischem Luxus.“   

 

Meine kleinen Schätze - Florence Brokowski-Shekete (Foto: Pressestelle, Florence Brokowski-Shekete)
Die dreijährige Florence in Buxtehude, der Stadt ihrer Kindheit. 

„In meiner Kindheit war ein Glas Nuss-Nougat-Creme etwas ganz Besonderes. Da meine Mami als selbstständige Schneiderin nicht viel Geld hatte, gab es ein Glas Nuss-Nougat-Creme entweder zum Geburtstag, zu Weihnachten oder im Osternest. Ich bin dann immer sehr sparsam damit umgegangen, um möglichst lange davon zu haben. “ 

Meine kleinen Schätze - Florence Brokowski-Shekete (Foto: Pressestelle, Florence Brokowski-Shekete)
Florence 1976 in der Nacht vor der Ausreise nach Nigeria.

In Lagos bleibt der Traum, nach Deutschland zurückzukehren

In Lagos besucht sie zwar eine deutsche Schule – so richtig wohl fühlt sie sich zwischen den ganzen Diplomatenkindern aber nicht. Der Traum der gebürtigen Hamburgerin bleibt es, nach Deutschland zurückzukehren. Und sie setzt sich durch: Mit 12 Jahren sitzt Florence wieder im Flugzeug nach Deutschland.

„In Nigeria gab es bei meinen Eltern keine Nuss-Nougat-Creme. Ich erinnere mich jedoch, einem Mitschüler in der Deutschen Schule Lagos einmal ein Glas Nuss-Nougat-Creme für einen horrenden Preis in der nigerianischen Währung Naira abgekauft zu haben. “ 

Meine kleinen Schätze - Florence Brokowski-Shekete (Foto: Pressestelle, Florence Brokowski-Shekete)
Die Ferien verbringt sie bei ihrer Mutter in Deutschland.

Zurück zur Pflegemutter – mit 12 Jahren wird ihr Traum wahr

„Als ich dann mit 12 Jahren wieder nach Deutschland zurückgekehrt bin, war mein größtes Glück frische Brötchen mit guter gekühlter Butter und Nuss-Nougat-Creme. Eine ernährungswissenschaftliche Diskussion lasse ich in diesem Fall aufgrund meiner schönen Erinnerungen einfach mal außen vor. “ 

 

Meine kleinen Schätze - Florence Brokowski-Shekete (Foto: Pressestelle, Florence Brokowski-Shekete)
Florence mit Braids (Flechtfrisur, die aus vielen dünnen Flechtzöpfen besteht), 1993.

Nach dem Abitur wird sie Lehrerin, Schulleiterin und Schulamtsdirektorin

Florence macht ihr Abitur und absolviert ein Lehramtsstudium. Danach arbeitet sie als Lehrerin, Schulleiterin und schließlich Schulamtsdirektorin, als erste und bisher einzige schwarze Frau in diesem Amt. Sensibilität für Diskriminierung und ein wertschätzender Umgang miteinander sind der Pädagogin ein zentrales Anliegen und immer wieder Thema ihrer Öffentlichkeitsarbeit: Als Expertin in Interviews, als Podcasterin – und als Autorin.  

  „Mein Buch „Mist, die versteht mich ja! – Aus dem Leben einer Schwarzen Deutschen“ ist mein erstes „Buch-Baby“.  

„Hier habe ich über meine Autobiografie geschrieben und der Leserschaft erlaubt, einen Blick hinter die Kulissen einer Schwarzen Deutschen zu wagen. Dass das Buch ein Spiegel Bestseller wurde, macht mich sehr dankbar. “ 

„Gleichzeitig hat mir das Schreiben des Buches erlaubt, meinen 'invisible cloak', also meinen Unsichtbarkeitsmantel abzulegen. Wo ich ansonsten die Jahre zuvor nie öffentlich über mein Leben als Schwarze Deutsche gesprochen habe, tue ich das jetzt.

Jemand sagte nach Erscheinen des Buches zu mir, ich sei lockerer geworden. Nun war ich zuvor nicht unlocker, ich habe lediglich versucht, nicht sichtbar zu sein.“ 

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Florence Brokowski-Shekete