Animierte Gesichter anonymer rechtsextremer Trolle (Foto: SWR, funk -)

„funk“-Doku über Troll-Netzwerk „Reconquista Germanica“

Wie Rechtsextreme Hass im Netz organisieren

STAND

Am 26.4.2018

Rechtsextreme Netzwerke im Internet versuchen seit längerem die Öffentlichkeit zu manipulieren. Wie gezielt sie dabei vorgehen und Aktionen planen, zeigt jetzt eine Recherche von Rayk Anders und dem Content-Netzwerk „funk“ von ARD und ZDF. In streng hierarchischer Organisation planen demnach Trolle des Netzwerks „Reconquista Germanica“ Hass-Attacken gegen Internetseiten und einzelne Personen.

Video: Die Doku von „funk“

Rechtsextremes Netzwerk rekrutiert Helfer

Das Troll-Netzwerk „Reconquista Germanica“ wurde vor der Bundestagswahl 2017 von einem rechtsextremen YouTuber mit dem Decknamen Nikolai Alexander gegründet. Die Doku von „funk“ zeigt, wie sich Mitglieder dort absprechen, um Hass-Wellen zu starten.

Das Netzwerk rekrutiert dabei Teilnehmer mit gezielten Fragen, zum Beispiel: „Was bedeutet es für dich, Patriot zu sein?“ Oder: „Wie stellst du dir Deutschlands Zukunft vor in deinem persönlichen Wunschszenario?“

Hierarchische Organisation

Solche Einstiegsfragen dienen der Rekrutierung von Teilnehmern an geschlossenen „Hater“-Gruppen. Um deren Aktivitäten zu dokumentieren, hat sich ein Rechercheteam von „funk“ in das Troll-Netzwerk „Reconquista Germanica“ („Rückeroberung Deutschlands“) eingeschleust. Die Ergebnisse werden präsentiert in der Dokumentation „Lösch Dich: So organisiert ist der Hass im Netz“.

Tagesbefehle

„Reconquista Germanica“ ist demnach hierarchisch organisiert. Täglich gibt es „Befehle“, Inhalte auf Youtube, Twitter oder anderen sozialen Netzwerken mit Hasskommentaren zu fluten oder Inhalte zu teilen, die rassistische Botschaften enthalten. So soll die Stimmung im Netz beeinflusst werden.

„Sondereinsatzkommando“

Durch erhöhtes Engagement und das Verbreiten kreativer Inhalte können Mitglieder in der Rangordnung aufsteigen. Sie werden dann zum „Meme-Lord“ oder „Feldjäger“. Für gezielte Hass-Aktionen verwenden sie Begriffe wie „Sondereinsatzkommando“.

Martin Sellner, Vorsitzender der rechtspopulistischen „Identitären Bewegung in Österreich“, 2016 in Berlin. (Foto: picture-alliance / dpa, picture-alliance / dpa - Foto: Paul Zinken)
Martin Sellner, Vorsitzender der rechtspopulistischen „Identitären Bewegung in Österreich“, war nach Recherchen von „funk“ als VIP auf dem Server von „Reconquista Germanica“. Hier bei einer Demonstration 2016 in Berlin.

Martin Sellner von der Identitären Bewegung

Die organisierten Hater sehen sich dabei offenbar in einem „Infokrieg“ um die Meinungshoheit im Internet. So etwa Martin Sellner, der „Posterboy“ der Identitären Bewegung. Auch er war als sogenannte „VIP“ auf dem Reconquista-Server unterwegs.

Sellner dazu: „Ich halte das eigentlich für normale Manöver im Infokrieg. Das Haten, das Trollen im Internet ist einfach Bestandteil dieses Raums. Wenn man das nicht erträgt, soll man diesen Raum nicht betreten.“

AfD-Mitarbeiter Lars Steinke

Ebenfalls im Interview zu sehen ist Lars Steinke, Landesvorsitzender der Jungen Alternative in Niedersachsen und Mitarbeiter der AfD-Landtagsfraktion in Hannover. Er gibt offen zu, in Trollforen aktiv gewesen zu sein und sich an organisierten „Shitstorms“ beteiligt zu haben.

AfD-Mitarbeiter Lars Steinke in einem Hauseingang in Osterrode, Harz. (Foto: picture-alliance / dpa, picture-alliance / dpa - Foto: Swen Pförtner)
AfD-Mitarbeiter Lars Steinke hat offen eingeräumt, sich im rechtsextremen Netzwerk „Reconquista Germanica“ an Hass-Attacken beteiligt zu haben.

Aus den Recherchen lässt sich ableiten, dass viele Reconquista-Mitglieder aus der rechtsextremen Szene stammen und teilweise in der Identitären Bewegung aktiv sind. Sie sind größtenteils unter 30 Jahren und männlich.  

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SWR