
Kurzbiografie:
Hier wohnte Sophie Sack, Tochter eines Warschauer Seidenbandfabrikanten. Sie war eine sehr gebildete Frau, die mehrere Sprachen beherrschte. 1914 heiratete sie Waldemar Sack, mit dem sie zwei Söhne hatte: Robert und Heinz.
Repressalien
Am 1.4.1933, dem sogenannten „Boykotttag“ musste sie miterleben, wie SA Leute in Garten und Garage eindrangen und das Grundstück verwüsteten. Angeblich waren sie auf der Suche nach kommunistischem Propagandamaterial und Bomben. Nach dem Erlass der Nürnberger Rassegesetze 1935 erhielt ihr Mann mehrfach Erpresserbriefe wegen angeblich in seiner Praxis begangener Rassenschande.
Als Waldemar Sack im April 1938 seinen Sohn in Paris besuchte und länger als die vier genehmigten Wochen blieb, wurde Sophie Sack vor die Gestapo zitiert. Man drohte ihr, dass ihr Mann – falls er zurückkehre - sofort in ein KZ eingewiesen werden würde. Erst im November 1938 sollte sie ihn in Paris wiedersehen. Das Ehepaar fristete nun ein bescheidenes Dasein in der französischen Hauptstadt, lebte von Gelegenheitsjobs.
Flucht ins unbesetzte Frankreich
Bei Kriegsausbruch wurde Waldemar Sack als Deutscher interniert. Im Juni 1942 gelang es dem Ehepaar, in das unbesetzte Frankreich zu kommen. Dort wurde Waldemar Sack im Lager Douadic interniert, in dem er sich ein schweres Darmleiden zuzog. Im April 1943 floh er vor der bevorstehenden Deportation nach Deutschland an die spanische Grenze. Er fand Aufnahme im Centre d’accueil du Bégué des Abbé A. Glasberg, wo er wie die anderen Flüchtlinge unter falscher Identität untertauchte. Um deren Sicherheit zu gewährleisten und aufgrund mangelnder Transportmöglichkeiten zum nächsten Krankenhaus, konnte Waldemar Sack nicht rechtzeitig operiert werden und starb am 20.6.1943.
Sophie Sack überlebte den Krieg in verschiedenen Verstecken im unbesetzten Frankreich. Ihr Sohn Robert Sack, der 1937 in der Schweiz Physik studierte, konnte 1939 nach England auswandern. Der ältere Sohn Heinz Sack emigrierte 1938 nach Frankreich und meldete sich zur französischen Fremdenlegion. Bereits 1940 geriet er in deutsche Kriegsgefangenschaft. Es gelang ihm, über fünf Jahre hinweg seine deutsch-jüdische Herkunft zu verbergen und sich unter dem Decknamen Jacques Ratschkowsky eine neue Biographie aufzubauen, die allen Zweifeln seiner nationalsozialistischen Peiniger standhielt.
Familientreffen
Aus Singapur, Manchester und Berlin sind sie angereist – die drei Enkel der Familie Sack, die drei ganz unterschiedlichen Generationen angehören. Fünf Stolpersteine in der Stadelhoferstraße 14 haben Simon Sack (30 Jahre alt) Danny Sack (50 Jahre alt) und Marion Thimm (60 Jahre alt) nach Baden-Baden geführt. Es ist das erste Familientreffen, bei dem sie sich alle kennen lernen, bei dem sie drei Tage lang versuchen, die Geschichte ihrer Familie zu rekonstruieren. Die Geschichte ihrer Verwandten, für die Stolpersteine verlegt wurde, ist auch ihre gemeinsame Geschichte. Jeder bringt andere Mosaiksteine der Erinnerung mit.