Einen „Abgrund von Machtmissbrauch“ nennt der Historiker Klaus-Dietmar Henke die jüngst bekannt gewordene jahrelange Bespitzelung der SPD durch den BND im Auftrag des damaligen Bundeskanzlers Konrad Adenauer. Henke hat im Auftrag der Bundesregierung und mit Hilfe des BND diesen Spionageakt rekonstruiert.
Adenauer scherte sich nicht ums Grundgesetz
Die Geschichte der Bundesrepublik wird nach diesem Skandal umgeschrieben werden müssen: Konrad Adenauer, der erste Bundeskanzler nach dem Zweiten Weltkrieg und Mitverfasser des Grundgesetzes, hat systematisch gegen eben jenes Grundgesetz verstoßen, indem er über ein Jahrzehnt lang seine Kontrahenten von der SPD durch den Bundesnachrichtendienst ausspionieren ließ.
Schwer zu rekonstruierender Spionageakt
Dass diese Operation nicht schon viel eher aufgeflogen ist, „wurde nur dadurch möglich, dass es insgesamt nur sechs oder sieben Menschen gab, die davon wussten“, sagt Historiker Klaus-Dietmar Henke in SWR2, der im Auftrag der Bundesregierung und mit Hilfe des BND rund 500 Akten zusammengetragen hat, anhand derer sich der Spionageakt rekonstruieren lässt.
Adenauer bediente sich der Nazi-Helfer Reinhard Gehlen und Hans Globke
Im Zentrum stehen dabei BND-Gründer Reinhard Gehlen, der Adenauers Kanzleramtschef Hans Globke die Informationen angeboten hat. Und natürlich auch die beiden Spitzel selbst: Siegfried Ziegler und Siegfried Ortloff. „Ortloff war als Mitglied im SPD-Vorstand und Protokollführer der beste Informant, den man haben konnte“, so Henke.
Motiv der SPD-Informanten weiter unklar
Warum gerade der als aufrechter Sozialdemokrat bekannte Ortloff seine eigene Partei verraten hat, darüber könne man nur mutmaßen, sagt Henke, „Vermutlich war es auch die Angst vor Parteirückkehrer Herbert Wehner. Außerdem gehörte Ortloff zum Parteiestablishment und war somit innerparteilich dem jungen Nachwuchs wie Willy Brandt oder Helmut Schmidt entgegen gesetzt.