Instagram ist ein globales Phänomen. Die Veränderung der Bildästhetik beschränke sich nicht auf die westliche Welt, sondern sei auch im asiatischen, arabischen, arabischen, afrikanischen Kulturraum alltäglich geworden.
Damit sei durch Instagram so etwas wie eine globale Verständigung erreicht worden, sagt Wolfgang Ulrich in SWR2.
Instagram definiert ästhetische Standards neu
Die Kulturveränderung in der Bildsprache zeige sich in Wortschöpfungen wie dem Adjektiv „instagrammable“, das mehr bedeute als „fotogen“. Hier gehe es auch darum, soziale interaktionen anzustoßen – zum Beispiel, zu „likes“ zu bewegen.
„Ästhetische Standards werden dabei neu definiert“, sagt Ullrich. Erfolgreich sei, wer besonders lustig, niedlich oder albern ist. Für ein extravagantes Selfie gebe es mehr likes als für ein Landschaftsbild.
Wie Instagrammability unsere Einrichtung beeinflusst
Dieser Effekt nehme auch Einfluss auf die Gestaltung der realen Welt. Design oder Inneneinrichtungen würden darauf ausgerichtet, instagrammable zu sein.
„Viele Restaurants haben inzwischen ihre Beleuchtung geändert, haben neues Geschirr besorgt, damit die Fotos ihres Essens besser aussehen, die die Gäste auf Instagram posten“, sagt Ulrich.
Neue Diversität und neue Zwänge
Man müsse diese Instagram-Ästhetik nicht auf eine Kultur der narzisstischen Selbstdarstellung zurückzuführen, sagt Ulrich. Es gehe auf Instagram weniger darum, Eitelkeiten zu bedienen, als darum, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten.
Durch die Interaktionen und die soziale Vernetzung entstehe auch ein neuer Pluralismus, der vor allem die Modewelt beeinflusse.
„Die Body Positivity-Bewegung wäre ohne soziale Plattformen wie Instagram wohl nicht so erfolgreich geworden.“
Doch es gibt auch die Kehrseite: Alles was nicht instagrammable gemacht werden könne, würde unsichtbar. So entstünden neue Tabus und neue Zwänge, warnt Wolfgang Ulrich.
Die bedrohliche Macht des Algorithmus
Ein anderes Problem sei der Algorithmus. Undurchschaubar sei, nach welchen Kriterien die App seinen Userinnen und Usern Bilder ausspiele oder vorenthalte.
Diese Regeln müssten von Instagram offen gelegt und zur Diskussion gestellt werden, fordert Ulrich in SWR2. „Gerade angesichts der Macht dieser Plattform ist das wirklich hochproblematisch.“
Wolfgang Ullrich war Professor für Kunstwissenschaft und Medientheorie an der Hochschule für Gestaltung Karlsruhe. Seit 2015 arbeitet er als freier Autor. Von ihm erschien das Buch „Selfies“, in dem er das Phänomen digitaler Bildkulturen analysiert.