Am 6. Februar 2023 feiert die AfD ihr 10-jähriges Bestehen. Die ehemalige „Professoren-Partei“, die einst gegen den Euro kämpfte, habe sich zum Sammelbecken für ultrarechte Nationalisten gewandelt, so Patrick Bahners vom FAZ-Feuilleton in SWR2. Besonders Alexander Gauland, heute Ehrenvorsitzender der AfD-Bundestagsfraktion, habe von Anfang an auf die „nationale Karte“ gesetzt.
Schon der Name hätte Mahnung sein können
Schon der Name hätte Mahnung sein können, erinnert Bahners: „Diese Kritik am Euro wurde dezidiert im Namen einer von Europa betrogenen deutschen Nation vorgetragen“, sagt Patrick Bahners im Gespräch mit SWR2 über den Grund, weshalb die Gründer vor zehn Jahren die Bezeichnung „Alternative für Deutschland“ wählten – und keine andere.
Ex-Faz-Redakteur Konrad Adam war Mitbegründer der AfD
Besonders Alexander Gauland, heute Ehrenvorsitzender der AfD-Bundestagsfraktion, habe von Anfang an auf die „nationale Karte“ gesetzt. Andere „rote Fäden“ sieht der FAZ-Journalist bei seinem Ex-Kollegen Konrad Adam, einem weiterer Mitgründer der AfD. Der habe Artikel verfasst, die bei der AfD Programm wurden – insbesondere Kritik am deutschen Sozialstaat und an der Bürokratie. Dass Adam erst 2020 aus der Partei austrat nennt Bahners ein „Zeichen für die ideologische Kontinuität“.
Sammelbecken ultrarechter Nationalisten
Klar ist für ihn: Die ehemalige Professoren-Partei ist zum Sammelbecken für ultrarechten Nationalismus geworden. „Nationalismus kommt uns immer vorsintflutlich vor“, gibt er zu bedenken. Doch sei Nation bis heute ein Begriff, der für viele Menschen attraktiv und modern sei. „Dieser Charakter einer Sammlungsbewegung, das ist mein Erklärungsversuch für den Nationalismus.“
Björn Höcke weiter sehr mächtig
Ungeklärt ist aus Sicht von Bahners das Verhältnis der AfD zu ihren radikalsten Kräften. Zwar habe die Partei die rechte „Flügel“-Bewegung aufgelöst. Aber deren Kopf, Björn Höcke, sei weiter sehr mächtig. Ob das so bleibt, entscheide sich erst nächstes Jahr: „Interessant könnte es werden die AfD bei Landtagswahlen 2024 in Regierungsbildungsnähe kommt – ob so eine Figur stören würde“, so Bahners wörtlich.
AfD-Gegenpositionen vielleicht von Vorteil für die Demokratie?
Der Journalist glaubt auch, dass der Russland-freundliche Kurs der AfD bisher nicht entscheidend geschadet hat. Weil Putin den Konflikt mit der Ukraine eskaliert habe, tue sich Alexander Gauland mit dem Argument, Russland sei eine Großmacht, schwerer. Andererseits sei es aber gut für die Demokratie, dass die AfD andere Optionen anbiete: „Es hat vielleicht Vorteile, dass es da eine parlamentarische Kraft gibt, die in entschiedener Weise eine Gegenposition zur Bundesregierung vertritt.“
Patrick Bahners arbeitet seit 1989 für das Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Aktuell ist er dort Kulturkorrespondent für Nordrhein-Westfalen und verantwortlicher Redakteur der FAZ im Ressort "Geisteswissenschaften". Sein neues Buch „Die Wiederkehr – die AfD und der neue deutsche Nationalismus“ ist bei Klett-Cotta erschienen und kostet 28 Euro.
Beiträge zu AfD und Rechtsradikalismus
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Buchkritik Tribunale – „NSU-Komplex auflösen“, hrg. vom Aktionsbündnis „NSU-Komplex auflösen“
Der NSU-Komplex, das Netzwerk Rechtsradikaler, das den NSU erst ermöglichte, blieb unaufgeklärt. Licht in dies Dunkel zu bringen, hat sich das Buch 'Tribunale' zum Ziel gesetzt, herausgegeben vom Aktionsbündnis ' NSU-Komplex auflösen' .
Rezension von Anselm Weidner.
Verlag Assoziation A, 304 Seiten, 16 Euro
ISBN 978-3-86241-486-4
Buchkritik Michael Krask - Der Riss. Wie die Radikalisierung im Osten unser Zusammenleben zerstört
Es braucht nicht weniger als eine Art New Deal Ost. Denn auch wenn es kein Patentrezept gegen die Rechtsdrift gibt: Wir sind dieser destruktiven Entwicklung, die vielerorts das friedliche, respektvolle Zusammenleben zerstört, keineswegs ohnmächtig ausgeliefert. Rezension von Conrad Lay. Ullstein Verlag ISBN 978-3-55020-073-1 352 Seiten 19,99 Euro