Die Heimat des Einhorns
Rätselhaft, unheimlich, dunkelviolette Wände – gleich zu Beginn der Ausstellung taucht der Besucher in eine geheimnisvolle Märchenwelt ein. Weitflächig verteilt hängen Kunstwerke wie Collagen, Fotografien, Gemälde oder eine Neonlicht-Installation an den hohen Wänden.
Weiter hinten hellt sich der Raum langsam auf und im Mittelpunkt steht eines der kostbarsten Ausstellungsstücke des Museums im Prediger: eine Uhr aus der Renaissance in Form einer eine goldenen Einhorn Figur. Das Pferd mit eingedrehtem Horn auf der Stirn hebt stolz den Vorderhuf.

„Die Stadt Schwäbisch Gmünd hat das Einhorn als Wappentier, und zwar bereits seit 750 Jahren. Und in unseren Museumssammlungen haben wir natürlich den Einhorn-Mythos überaus reich dokumentiert.“
Als Wappentier symbolisiert das Einhorn Reinheit, Aufrichtigkeit und Rechtsbewusstsein. Im 13. Jahrhundert wurde die Stadt Schwäbisch Gmünd von der mittelalterlichen Kaiserdynastie der Staufer besetzt. Diese wählten das Einhorn, ein damals sehr bewundertes Fabelwesen, als Wappentier.
Märchenhafte Romanvorlage
Doch auch wenn die Stadt eine bedeutende Geschichte mit dem Einhorn verbindet, ist die Grundlage der Ausstellung eigentlich eine andere, erklärt Tillmann: „Der rote Faden ist tatsächlich die Romanvorlage von Peter S. Beagle von 1968 „The Last Unicorn“, die uns die Idee gegeben hat, diese Geschichte in unserer Ausstellung durch die Kunst nachzuerzählen.“
Der gleichnamige Zeichentrickfilm von 1982 handelt von einem Einhorn, welches sich auf die gefährliche Suche nach seinen verloren geglaubten Artgenoss*innen aufmacht und dabei finstere Gegner*innen überwinden muss. Die Ausstellung hangelt sich an dieser Geschichte entlang und ist ebenfalls in sechs Kapitel unterteilt. Jeder Raum ist in einer anderen Wandfarbe gestaltet.

Von Kopf bis Fuß eintauchen
Diese Farben sollten den emotionalen Zugang bieten, also auch eine ganz besondere Stimmung erzeugen, so der Museumsleiter. Und eigentlich müsse man die Story gar nicht kennen, um sich emotional auf die Gefühle in der Ausstellung einzulassen.
Wie gegen Ende des Romans läuft im letzten Raum alles auf den Überlebenskampf des Einhorns gegen den König zu. Das kräftige Rot der Wände untermalt die Kampfstimmung.
Im Zentrum: ein wandhohes Gemälde, darauf rote Kreuze auf blauem Untergrund. Auch eine kleine Blechritterfigur und ein verzierter Schutzschild erinnern an einen Kampf. Aber nicht nur Assoziationen wie der Tod, der Kampf oder die Vergänglichkeit werden mit dem Einhorn in Verbindung gebracht.
„Besonders faszinierend und das hängt tatsächlich mit seiner uralten Geschichte zusammen, ist das Widersprüchliche, die Vielseitigkeit des Einhorns.“
Es habe immer schon als scheu gegolten, dann aber wiederrum auch kampfeslustig, so Max Tillmann, es werde verbunden mit Keuschheit und Jungfräulichkeit.
Vielseitiges Fabelwesen
Nur ein Bruchteil der 80 Ausstellungsstücke zeigt wirklich Einhörner. Albrecht Dürer, Max Ernst oder Emanuel Leutze treffen auf zeitgenössische Werke. Assoziationen des Einhorns zeigen sich in psychedelischen Farben, Traummotiven, surrealistischen Gemälden, einer bewegten Diashow oder modernen Fotografien „The Last Unicorn“ im Prediger in Schwäbisch Gmünd. Eine vielseitige und spannende Ausstellung.
Die Ausstellung „The Last Unicorn. Das Einhorn im Spiegel der Popkultur“ läuft vom 31.5.2020-10.1.2021 im Museum im Prediger Schwäbisch Gmünd.