Wie kann ein Leben im Gleichgewicht funktionieren? Was hat es mit der vielbeschworenen Ganzheitlichkeit auf sich und können uns die Traditionen und Rituale indigener Völker dabei helfen? Die Ausstellung im Weltkulturen Museum Frankfurt will nicht Heilsversprechen liefern, sondern anregen. Es geht dabei nicht nur um gesundheitliches, sondern auch um soziales und kulturelles Wohlbefinden.
Können wir von indigenen Völkern „Heilen“ lernen?
Die Geschichte heilen, den Kolonialismus, den Wald, das Meer – und damit auch sich selbst – eine ziemlich spirituelle These, auf der die Ausstellung in Frankfurt basiert, manifestiert im Oberbegriff „healing“. Es geht um ganzheitliche Heilung und um Lösungsansätze, die überwiegend von indigenen Völkern kommen. Ein Ansatz, der zum Museum der Weltkulturen passt.

„Ich persönlich habe mich für das Wort „healing“ entschieden, weil es einen Verlauf beschreibt, diese ing-Form – „healing“ – ist mehr als Heilung oder heilen.“
Reagiert der Mensch auf VIbrationen des Heilgesangs?
Zu sehen sind Masken, spezielle Tontöpfe und Holzhocker, Zubehör, das Schamanen zur Durchführung ihrer Rituale benötigen. Die Multimediakünstlerin Naziha Mestaoui visualisiert schamanische Heilgesänge, die Vibrationen in einer mit Wasser gefüllten Schale erzeugen, ein Verweis auf die mögliche Reaktion des Heilgesangs auf den menschlichen Körper, der zum Großteil aus Wasser besteht.

„In Europa haben wir die Verbindung verloren zu unseren spirituellen Wesen, die um uns herum sind …, diese Kräfte, die sich positiv auswirken, wenn wir in die Natur gehen.“
Restitution als kollektiver Heilungsprozess
Die Rückgabe von Gegenständen an die Gemeinschaft, aus der sie kamen, ist ein gutes Beispiel für kollektives Healing. Für die Ausstellung hat das Frankfurter Museum der Weltkulturen selbst einen Heilungsprozess angestoßen: eine Restitution. Das Lederhemd eines Anführers der nordamerikanischen Teton-Lakota wurde an dessen Urenkel (Chief Duane Hollow Horn Bear) zurückgegeben. Im Museum kann es immer noch betrachtet werden, virtuell, als Hologramm.

Quarzkristalle der Performancekünstlerin Marina Abramovich
Die Installation mit Quarzkristallen der renommierten Performancekünstlerin Marina Abramovich hingegen, macht es den BesucherInnen leicht: „Bitte Podeste betreten und heilen“, so der kurze Hinweis zu ihrer healing-Methode.

„Healing“, so der Titel der Frankfurter Ausstellung ist kein Heilsversprechen, sondern muss zuallererst als Aufforderung gelesen werden, Heilungsprozesse aktiv herbeizuführen. Die vielfältige Schau funktioniert vor allem assoziativ. Im eingangs erwähnten Begleitheft ist Platz für eigene Gedanken: Wie könnte mein Weg zu „healing“ aussehen? Wie möchte ich zur Heilung der Welt beitragen?
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