Die Mitglieder kamen aus verschiedenen Ländern Europas, der Zweite Weltkrieg war das zentrale Thema ihrer avantgardistischen Kunst: Die Künstler*innen es Kollektivs „CoBrA“ hatten keinen einheitlichen Stil, dafür aber gemeinsame Ideale und die Hoffnung, bald wieder frei und in Frieden leben und arbeiten zu können. Die Mannheimer Kunsthalle widmet ihnen eine Ausstellung.
Heerups „Kriegsmutter“: Der Schrecken des Kriegs inmitten einer ländlichen Idylle
Auf den ersten Blick wirkt das große, bunte Ölgemälde von Henry Heerup wie eine ländliche Idylle mit fröhlichen Menschen. Wäre da nicht diese übergroße, blutrote Figur im Zentrum des Bildes mit dem Titel „Kriegsmutter“:
„Alles wird dann doch beherrscht von der schrecklichen Kriegsmutter, die mit ihrer Fratze über all dem schwebt“, erklärt Inge Herold, die Kuratorin der Mannheimer Kunsthalle. „Bei genauerem Betrachten sieht man auch zerstörte Häuser. Man sieht einen Friedhof und man sieht einen Jagdbomber, der Bomben abwirft.“

Düster bis infantil: Die Auseinandersetzung mit den Kriegsgräuel wird zum bestimmenden Thema für „CoBra“
Der Krieg bricht 1939 mit aller Gewalt über die Menschen in Europa herein. 1940 wird auch Dänemark von Nazi-Deutschland besetzt, das Heimatland des Künstlers Henry Heerup. Der Krieg ist eines der zentralen Themen der Künstlerinnen und Künstler der Bewegung „CoBra“ und deswegen eröffnet Heerups „Kriegsmutter“ auch diese Ausstellung in der Kunsthalle Mannheim.
Sein niederländischer Künstlerkollege Karel Appel malt ein düsteres, grün schimmerndes Bild einer zerstörten Stadt, von der nur noch einzelne Striche übrig sind und schemenhafte Figuren mit großen, leeren Augen. Er nennt es „Fragende bzw. bettelnde Kinder“.
Doch neben diesen Kriegsbildern gibt es auch viele, die sich bewußt in eine Sagen- und Mythenwelt zurückziehen: die „Fantastischen Tiere“ des Künstlers Konstant, oder der „Minotaurus“ von Max Walter Svanberg. Oder auch die „Kopffüßler-Bilder“ von Karel Appel, die Figuren zeigen, wie kleine Kinder sie oft malen: mit riesigen Köpfen, an denen gleich schon die Beine und Füße anschließen. Auch das war typisch für die Kunst-Bewegung „CoBrA“.

Ein solidarisches Künstler*innenbündnis über Landesgrenzen hinweg
Deutlich zu sehen sind die Anklänge an den Expressionismus. Die Künstler- und Künstlerinnen, die sich in den 1940er-Jahren zur Gruppe „CoBrA“ zusammenschlossen, hatten keinen einheitlichen Stil, aber gemeinsame Ideale – und die Hoffnung, bald wieder frei und in Frieden leben und arbeiten zu können.
Einige von ihnen waren Juden und mussten während der Besetzung ihrer Heimatländer durch Nazi-Deutschland untertauchen, andere wurden in Lagern inhaftiert. Aber sie arbeiteten so gut es eben ging künstlerisch weiter und setzten damit ein Zeichen der Hoffnung und des geistigen Widerstands. Wichtig war ihnen dabei auch der Gedanke solidarisch zu sein, auch über Ländergrenzen und unterschiedlichen Kulturen hinweg.
Die Mitglieder der Kunstbewegung stammten nicht nur aus Dänemark, Belgien und den Niederlanden, sondern auch aus Frankreich, Schweden, Ungarn und der Tschechoslowakei. Und sie erprobten neue Formen der Zusammenarbeit und des Kollektivs.

In Mannheim werden auch die lange übersehenenen Künstlerinnen der Bewegung sichtbar
Die Mannheimer Ausstellung zeigt nicht nur Künstlerinnen und Künstler, die zum harten Kern der Kunst-Bewegung zählen und immer in einem Atemzug mit „CoBrA“ genannt werden: allen voran Asger Jorn und Christian Dotremont.
In der Kunsthalle Mannheim lassen sich jetzt auch Künstlerinnen und Künstler entdecken, die hierzulande noch kaum bekannt sind. So wie zum Beispiel Sonja Ferlov Mancoba, die mit einem schwarzen Südafrikaner verheiratet war und die sich in ihren Werken auch mit dessen Kultur auseinandersetzt.

Doch die Künstlerinnen hatten es auch in der Kunstbewegung „CoBrA“ schwer und die Kunstgeschichtsschreibung hat viele komplett in den Hintergrund gerückt oder gar ganz vergessen. In der Kunsthalle Mannheim können sie nun wiederentdeckt werden.
Becoming CoBrA - Anfänge einer europäischen Kunstbewegung
Ausstellung in der Kunsthalle Mannheim
bis zum 5. März 2023
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