Bingen Triennale 2023: Simon Mullans "Popularis Tresen" -misst 10 Meter Länge und gleicht einer Art abstrahierter Theke, deren Oberfläche weiß gefliesst ist. (Foto: David von Becker, Berlin © VG Bild-Kunst, Bonn 2023)

Outdoor Skulpturenparks und Kunstwege

An diesen Orten können Sie Kunst draußen entdecken 🗿

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AUTOR/IN
Matthias Recht

Skulpturenparks und Outdoor-Ausstellungen zeigen Kunst unter freiem Himmel, oft ohne Eintritt. An diesen sechs ausgewählten Orten im Südwesten können Sie dreidimensionale Werke erkunden - von bekannten Künstlern, Newcomern oder Sie machen selber mit. In einem Objekt können Sie sogar übernachten. 

Bingen am Rhein: Skulpturen-Triennale
Skulpturenpark Heidelberg
Remagen: Skulpturenufer am Mittelrhein
Skulpturengarten der Sammlung Würth in Künzelsau
Kunst- und Landschaftspark im Tal im Westerwald
Grenzübergreifend: 24 Kunststops an der Deutsch-Schweizer Grenze

Die Skulpturen-Triennale in Bingen am Rhein: Im Hier und Jetzt

Bis zum 8. Oktober 2023 findet in Bingen am Rhein die diesjährige Ausgabe der Skulpturen-Triennale statt. Entlang des Kulturufers und an öffentlichen Orten in der Bingener Innenstadt sind Skulpturen von 19 Künstlerinnen und Künstlern ausgestellt, die sich unter dem Motto "HIER UND JETZT" mit den Folgen des Klimawandels in einer globalisierten Welt beschäftigen.

Die farbig lackierte Stahlskulptur "Love Hate" von Mia Florentine Weiss formt von einer Blickrichtung das Wort "Love". Bewegt sich der Standpunkt der Betrachtung auf die andere Seite der Skulptur formt diese das Wort "Hate". (Foto: David von Becker, Berlin)
"Love Hate" von Mia Florentine Weiss ist eines von 19 Kunstwerken auf der diesjährigen Skulpturen-Triennale in Bingen am Rhein. Die stählerne Skulptur spiegelt je nach Betrachtungsrichtung eines der beiden titelgebenden Wörter wider: mit dem eigenen Standpunkt ändert sich die Lesart.

Der deutsche Künstler HA Schult beschäftigt sich schon seit einigen Jahrzehnten mit Umweltthemen: Neben einer Version seiner schon weltweit gezeigten "Trash People" bietet die Bingen Triennale auch gute Gelegenheiten zum Entdecken junger Kunst. Es gibt ein umfangreiches Begleitprogramm mit Führungen, Workshops und weiteren Veranstaltungen. 

Alicja Kwade im Skulpturenpark Heidelberg

Der 1995 gegründete Skulpturenpark Heidelberg befindet sich im Garten und Landschaftspark der Orthopädischen Universitätsklinik Heidelberg. 29 teils monumentale Skulpturen warten hier auf einen Besuch. Ergänzt wird die Dauerausstellung durch eine jährliche Sonderausstellung.

Steinerne Kugeln aus unterschiedlich farbigen Gesteinen und in verschiedenen Größen liegen als Ensemble in einem Gartenstück des Heidelberger Kunstvereins. (Foto: Verein der Freunde und Förderer des Skulpturenparks Heidelberg e. V.)
Das Werk "Pars Pro Toto" besteht aus acht verschieden-farbigen und -großen Steinkugeln, hergestellt in Steinbrüchen rund um die Welt. Raumvorstellungen gehören zu den zentralen Themen von Alicja Kwade. So könnte man das Arrangement auch als Modell räumlicher Darstellung verstehen.

Bis zum 29. Oktober 2023 werden in der diesjährigen Jahresausstellung Werke von Alicja Kwade im Skulpturenpark gezeigt. Die 1979 in Polen geborene und international gefragte Künstlerin setzt sich mit Konventionen der Raumwahrnehmung auseinander und stellt diese mit optischen Täuschungen in Frage. Begleitet wird die Ausstellung von Führungen: Im Sommer wird zudem ein spezielles Programm für Kinder- und Jugendliche angeboten.

Die mehrteilige Installation "Big Be-Hide" ist ein weiteres der vier raumgreifenden Werke der Ausstellung. Sie besteht aus Granitgestein, Stahlrahmen und einem zweiseitigen Spiegel. Durch das Arrangement wird die optische Wahrnehmung getäuscht. (Foto: Verein der Freunde und Förderer des Skulpturenparks Heidelberg e. V.)
Wahrnehmungserfahrungen und Sinnestäuschung: Die mehrteilige Installation "Big Be-Hide" ist ein weiteres der vier raumgreifenden Werke der Ausstellung - bestehend aus Granit, Rahmen aus Stahl und einem zweiseitigen Spiegel.

Kunst entlang des Rheins - Das Skulpturenufer bei Remagen

In Remagen, das zwischen Koblenz und Bonn liegt, gibt es direkt am Mittelrhein auf einer Strecke von 14 Kilometern eine dauerhafte Ausstellung von 15 Skulpturen. Entstanden ist die Kooperation zwischen dem Hans-Arp-Museum Bahnhof Rolandseck und der Stadt Remagen anlässlich des 2000-jährigen Bestehens der Stadt zwischen 2001 und 2022. 

Die grünlich patinierte Bronzeplastik "Bewegtes Tanzgeschmeide" (196070) von Hans Arp zählt zu den Reliefplastiken: Ausgelegt auf flächige Vorder- und Rückansicht mit verhältnismäßig geringer Tiefe. (Foto: Sabine Walczuch)
Ausgangspunkt des Remagener Skulpturenufers ist die Bronzeplastik "Bewegtes Tanzgeschmeide" (1960/70) von Hans Arp auf dem Vorplatz des Bahnhofs Rolandseck am Arp Museum. Diese zählt zu den Reliefplastiken, mit flächiger Vorder- und Rückansicht und verhältnismäßig geringer Tiefe.

Einige der 15 Objekte am Rheinufer befinden sich in unmittelbarer Nähe zum Museumsgebäude, welches direkt mit dem Bahnhof Rolandseck verbunden ist und durch einen per Tunnel und Aufzug angebundenen Neubau im Hang auch architektonisch beeindruckt. Seit Mitte Mai werden Werke des Künstlerpaars Sophie Taeuber Arp und Hans Arp in der neu gestalteten oberen Etage des Arp Museums präsentiert - darunter der Neuzugang von 20 Gipsen aus einer Schenkung.

Das Hans Arp Museum in Remagen besteht aus mehreren Gebäudeteilen in unmittelbarer Nähe zum Rhein, die architektonisch mit dem gleichnamigen Bahnhof und einem Hang verbunden sind. (Foto: Ullrich Pfeuffer)
15 Außenskulpturen - vom Hubschrauberlandeplatz am Musemsgebäude bis zum meterhohen Regenfänger auf einer Landzunge - bieten entlang des Rheins in Remagen zwischen den Ortsteilen Rolandswerth und Kripp bei jedem Wetter ihre Reize.

Für längere Touren entlang des Rheins könnte ein Werk von besonderem Interesse sein: Der Künstler Joachim Manz hat eine Skulptur geschaffen, die von Reisenden als Pausenort und sogar zur Übernachtung genutzt werden kann. "Rheinschlafen" steht am Rheinkilometer 641,5.

Große Namen in ländlicher Umgebung - Skulpturengarten der Sammlung Würth in Künzelsau

Über die Wiesen und Terrassen am Carmen-Würth-Forum in Künzelsau verläuft der Skulpturengarten der Sammlung Würth. Der Bestand an moderner und zeitgenössischer Bildhauerei der Sammlung gilt als einer der wichtigsten in Deutschland. Geformt aus Stahl, Stein und Bronze sind hier im Außenraum die Werke international bedeutsamer Namen der Bildhauerei versammelt: Etwa wie Tony Cragg, Anish Kapoor oder Eduardo Chillida.

Richard Deacons Plastik "Groundswell", eine organische Form aus Edelstahl, misst 90 x 280 x 172 cm - im Hintergrund ist das Gebäude Museum Würth 2.  (Foto: Schambeck-Schmitt)
Seit über fünfzig Jahren experimentiert der britische Bildhauer Richard Deacon mit den verschiedensten Materialien. Sein Werk ist geprägt von abstrakten Formen, die in aufwendigen Herstellungsprozessen aus Holz, Keramik, Kunststoffen oder Metall gefertigt werden. In Künzelsau zu sehen: Die organische Form "Groundswell" von 2020 aus Edelstahl.

Falls das Wetter nicht mitspielt: Noch bis Mitte Juli wird eine Werkschau zum 85. Geburtstag von Georg Baselitz im Atrium des angrenzenden Museum Würth 2 in einer Sonderausstellung gezeigt. In der Hauptausstellung gibt es den britischen Malers David Hockney zu entdecken, der bis zu 90 Meter lange Gemälde mit dem iPad malt.

Die farbenfrohe Nana-Figur von Niki de Saint Phalle misst sechs Meter Höhe und zeigt die abstrahierte Darstellung einer weiblichen Figur. (Foto: Julia Schambeck/Ulrich Schmitt)
Neben dem männlichen Who‘s who der Kunstwelt gibt es in Künzelsau auch eine der farbenfrohen Frauenfiguren von Niki de Saint Phalle zu bestaunen: Die sechs Meter hohe "Nana dansante bleue" aus bemaltem Polyester ist Teil einer der bedeutendsten Skulpturensammlungen in Deutschland.

Land-Art im Westerwald: Der Kunst- und Landschaftspark >im Tal<

Zwischen Hasselbach und Werkhausen erstreckt sich auf einer Fläche von 100.000 Quadratmetern über Weiden und Lichtungen des Westerwalds der Landschaftsraum >im Tal<. Kultur und Natur verbinden sich hier inmitten von Bäumen, Sträuchern und Gewässern und laden zu Spaziergängen ein.

Jo Schöpfers Arrangement "ohne Titel" besteht aus fünf unterschiedlich großen, quaderförmigen Käfigen aus Aluminium - die in einem Bachlauf platziert sind und von diesem durchflossen werden. (Foto: Werner J. Hannappel)
Naturverbundene Fremdkörper: Jo Schöpfers Arrangement "ohne Titel" besteht aus fünf Käfigen aus Aluminium - die in einem Bachlauf platziert sind. Am Ufer befindet sich ein weiterer Quader aus Beton, der als Sitzgelegenheit zur Betrachtung des minimalistischen Ensembles genutzt werden kann.

Der Kunstpark >im Tal< wurde seit 1986 durch ortsbezogene Skulpturen, Landschaftsarchitektur, Musik und Literatur vom Initiator und Bildhauer Erwin Wortelkamp und etwa 50 beteiligten Künsterinnen und Künstlern gestaltet. Mit ihren Werken - zu denen auch eine Wolke zählt - gehen sie auf die Begebenheiten der örtlichen Landschaft ein. Der Zugang zum Areal und ein Parkplatz liegen in Hasselbach.

"Stück im Tal" von Ludger Gerdes: Sieben wandartige Elemente aus rotem Sandstein bilden einen offenen Kreis um einen Teich. In jede der Wände ist ein Wort gemeißelt, im Uhrzeigersinn bilden diese den Satz: "Ichs dürfen können wollen sollen müssen sterben" (Foto: Werner J. Hannappel)
Das "Stück im Tal" von Ludger Gerdes bildet einen offenen Kreis aus sieben wandartigen Elementen aus rotem Sandstein. Im Mittelpunkt befindet sich ein Teich. Auf jeder der Wände ist ein Wort zu lesen, im Uhrzeigersinn bilden sie den Satz: "Ichs dürfen können wollen sollen müssen sterben" - ein charakteristisches Spiel mit Worten des 2008 verstorbenen Künstlers.

Grenzübergreifend: 24 Kunststops an der Deutsch-Schweizer Grenze

Der Rehberger-Weg verbindet die Grenzorte Weil am Rhein in Deutschland und Riehen in der Schweiz - und damit das Vitra Design Museum und das Kunstmuseum Fondation Beyeler. Der Künstler Tobias Rehberger hat auf dem nach ihm benannten Rehberger-Weg - in Kooperation mit den beiden Kulturinstitutionen und Gemeinden - "24 Stops" entlang einer etwa fünf kilometerlangen Strecke geschaffen. 

Das grünlich-gelbe Objekt "Hochsitz" ist eine von 24 Stationen auf dem Rehberger-Weg. Über eine Leiter bietet sie die Möglichkeit sich auf ihr niederzulassen und die Umgebung zu beobachten. (Foto: Mark Niedermann)
Objekt Nummer 22: Handelt es sich hier um einen Hochstand? Oder eine Skulptur? "Hochsitz" ist eine von 24 verbindenden Stationen auf dem Rehberger-Weg und lädt zur Interaktion ein, die Besucher*innen Teil der Kunstwerke werden lässt.

Das Besondere: Die poppigen Objekte entlang des Wegs sind nicht ausschließlich zum Ansehen bestimmt - einige laden zur aktiven Teilnahme ein. Mal weisen sie den Weg, auf ein anderes Objekte kann man klettern und darauf eine Pause einlegen - oder auf einer Aussichtsplattform durch ein Fernglas die umgebende Landschaft erkunden. Betrachter*innen werden dabei interagierender Teil der Kunstwerke.

Am Rande eines weinbehangenen Feldes steht das Objekt "Fernglas" von Tobias Rehberger: Der Titel beschreibt die Funktionsweise der Aussichtsplattform von der aus die Umgebung beobachtet werden kann, wie hier von einer Besucherin. (Foto: Mark Niedermann)
Blick über die Reben: Tobias Rehbergers "Fernglas" verweist auf spielerische Weise auf eine Grundbedingung dreidimensionaler Kunst: Der sie umgebende Raum lässt sich nicht von den Werken trennen und ist Teil der Wahrnehmung von Skulpturen.

Zu Fuß braucht man für die Strecke durch die Kultur- und Naturlandschaft im Dreiländereck ungefähr 1,5 Stunden. Mehrmals im Jahr werden auch geführte Wanderungen angeboten.

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Matthias Recht