Gespräch

„Keine gewohnte Documenta“ – Kollektiv Ruangrupa stellt die Kasseler Kunstausstellung auf den Kopf

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Marie Gediehn

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Pavillon von Aborigine-Aktivisten vor dem Fridericianum in Kassel

Die Documenta Fifteen ist der Kunstkritikerin Simone Reber zufolge alles andere als die sonst gewohnte Ausstellungsreihe für zeitgenössische Kunst in Kassel. „Dazu fehlt der documenta auf den ersten Blick einfach die visuelle Anziehungskraft“, sagt Reber, „das gewohnte Wahrzeichen vor dem Fridericianum. Da war ja immer ein von wechselnden Künstlern geschaffenes, Aufsehen erregendes Signal, gern auch in phallischer Form.“ Stattdessen steht dort jetzt ein kleiner, grüner Pavillon von Aborigine-Aktivisten.

Das Prinzip „Lumbung“ - die Ernte wird geteilt

Auch im Fridericianum selbst suche man vergebens nach Skulpturen, stattdessen könnten Kinder dort selbst Kunst machen. „Am eindrucksvollsten vermittelt sich das Konzept der gemeinschaftlichen Teilhabe am Hübner-Areal“, so Reber. „Dort sind verschiedene Künstlergruppen gemeinsam untergebracht, ohne Abtrennung. Denn das grundlegende Prinzip der documenta fifteen heißt 'Lumbung', gemeint ist damit eine Praxis aus Indonesien. Dabei geht es um eine Reisscheune, in die die Überschüsse einer Reisernte gebracht werden, um sie unter allen Mitgliedern der Gemeinschaft zu teilen. Das ist das Dorf als Gemeinschaft, die Künstler sind Erntehelfer und die Ernte wird geteilt.“

„Make friends, not art"

„Die Künstler vom Kollektiv Ruangrupa aus Indonesien, welche diese Documenta organisieren, gehen nach dem Motto vor, das lautet: 'Make friends, not art'", erklärt Simone Reber weiter. „Die Zusammenarbeit ist das Wichtigste, und die entsteht durch das gemeinsame Abhängen.“

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