Mit dem Himmel hatten die Fotografen anfangs Probleme
Die Klippen von Étretat spiegeln sich dunkelviolett im türkisblauen Meer. Claude Monet malt 1885 die Steilküste der Normandie als Mythos, als uralte Felsformation vor ewigem Wasser und unendlichem Himmel. Der Fotograf Louis Alphonse Davanne war zwanzig Jahre vorher am gleichen Ort.
Mit der Kamera hat er den markanten Felsen in die Realität geholt, die Strandhütten und Badekabinen fotografiert und die Angelruten der Sommerfrischler. Der Himmel aber – bei Monet zartrosa und hell blau, ist leer bei Davanne. Mit dem Himmel hatten die Fotografen anfangs noch Probleme, sagt Ulrich Pohlmann, Leiter der fotografischen Sammlung am Münchner Stadtmuseum und Kurator der Ausstellung:
„Die meisten Landschaftsfotografien, die wir bis 1880 sehen, die weisen einen wie leergeräumten Himmel auf. Und das hängt damit zusammen, dass die Farbe Blau sehr stark reagierte auf die Emulsion und dann vollständig einschwärzte. Die Fotografen haben sich dann so beholfen, dass sie an der Horizontlinie diesen Hintergrund abgeklebt oder übermalt haben, so dass sie dann als leere Flächen auftauchten oder sie haben auch gelegentlich Wolken rein gemalt, mittels Retusche.“

Eine amüsante Ausstellung mit einem Wechselspiel zwischen Malerei und Fotografie
Gustave Le Gray klebt 1857 zwei Negative zusammen, eins vom Himmel, das andere vom Wasser und retuschiert die Schnittstelle an der Horizontlinie. So gelingen ihm dramatische Wolkenformationen und gestochen scharfe Wellen in einem Foto.
In der amüsanten Ausstellung des Potsdamer Museum Barberini „Eine neue Kunst“ ist das Wechselspiel zwischen den beiden Medien zu erleben, der Malerei und der Fotografie. Häufig sind die gleichen Motive zu sehen. Die Bäume im Wald von Fontainebleau zum Beispiel, wo schon Corot oder Courbet gemalt haben.
Aber auch in Heidelberg tauscht der spätromantische Maler Georg Maria Eckert den Pinsel gegen die Kamera und fotografiert den felsigen Weg in den Odenwald hinauf. Als die Stereoskopie dreidimensionales Sehen ermöglicht, können die Fotografen auf einmal die Boulevards von Paris räumlich darstellen.
Entwicklungsprozess der neuen Kunst als ergebnis kreativer Konkurrenz
Ende des 19. Jahrhunderts wollen Maler wie Fotografen das Gleiche: den Alltag festhalten. Mit der Autochromie entstehen erste farbige Fotos. Antonin Personnaz fotografiert Heuschober im Schnee, da geht es wie in der Malerei von Claude Monet um Licht und Farbe. Die Fotografen wollen jetzt als Künstler anerkannt, sie wollten malerischer werden und versuchten, Bilder leicht unscharf widerzugeben...
„Oder sie so zu manipulieren, dass man z.B. vor dem Objektiv eine Gaze befestigte, dass man sogar im Extremfall das Stativ in Schwingung versetzte, so dass auch die Konturen verwischten und ein sogenannter malerischer Eindruck entstand“, so Pohlmann.
Die Fotos von Licht und Schatten, Glas und Stoff weisen dann schon ins 20. Jahrhundert, als sich die Fotografie unabhängig macht. Die Ausstellung beleuchtet diesen Entwicklungsprozess der neuen Kunst als Ergebnis einer kreativen Konkurrenz zwischen Fotografie und Malerei.