Eine große Straße in Santa Monica, eine Stadt, die normalerweise vor Lebensfreude nur so strotzt. Surfer*innen, Reiche und Schöne laufen hier auf den Gehwegen entlang, im Hintergrund blitzblauer Himmel und Palmen. Jetzt sind weniger Autos als sonst unterwegs.
Bunte Farben gegen Corona-Frust
Viele Geschäfte sind dunkel, teilweise mit Holzlatten verschlossen. Trostlos wirkt das alles. Doch ein kleines Highlight zeigt sich in einer Nebenstraße: ein Wandbild in leuchtend bunten Farben: „Love“, Liebe, steht dort dutzende Male und darüber: „Liebe bedeutet, zwei Meter Abstand zu halten“. Und: „Zusammen schaffen wir das.“

Die Straßenkunst stammt von Ruben Rojas, der schon vor der Krise seine Kunstwerke vor allem im strandnahen Santa Monica an diverse Wände gepinselt hat.
„Ich benutze Typografie und Farbe für meine Kunst. Farbe macht uns glücklich. Mir geht es dabei immer um das Positive, die Kraft der Liebe.“
Er hoffe in diesen Zeiten vermitteln zu können, dass wir uns von der Liebe, nicht von der Angst leiten lassen sollten. Und vielleicht könne man so schneller eine Lösung für das Problem finden.
Rojas findet, dass sich Los Angeles in der Pandemie erschreckend verändert hat. Genau deswegen wolle er eine gute Botschaft in die Welt tragen.
„Man sieht seine Lieblingsbar oder den Kaffeeladen verrammelt – wie in der Zombieserie „The Walking Dead“. Deswegen wollte ich den Läden etwas Gutes tun und habe dort meine Straßenkunst angemalt.“
Street Art als Werbeaktion und Wandzeitung
Alles legal versteht sich — viele Geschäfte holen sich die Künstler*innen, auch um Aufmerksamkeit zu generieren. Egal, wo man in Los Angeles entlang fährt – die Straßenkunst ist allgegenwärtig. Und die Künstler*innen sind schnell, immer am Puls der Zeit. Nur einen Tag, nachdem der Basketballstar Kobe Bryant sowie dessen Tochter bei einem Hubschrauberabsturz tragisch ums Leben kamen, fanden sich bereits riesige Wandbilder mit den beiden in vielen Ecken der Stadt.
Die Corona-Pandemie hat nicht nur für leere Straßen in der sonst notorisch von Stau verstopften Stadt gesorgt. Immer wieder sieht man das Thema Corona auch im öffentlichen Raum. Sei es an der Strandpromenade in Venice Beach, wo sich zwei Menschen mit Mundschutz küssen, gemalt von Künstlerin Ponywave.
Kritische Kunstwerke und Durchhalteparolen
Manche Nachrichten sind simpel: „Stay Home. Life is Beautiful“ – bleib zu Hause, das Leben ist schön — in weißer Schrift auf knallrotem Grund ist ebenso eines der meist fotografiertesten Wandbilder derzeit.
In West Hollywood hat der Künstler „Hijack“ zwei Soldaten an eine Wand gemalt, bewaffnet mit Desinfektionsmittel und Toilettenpapier. Das Bild wirkt düster und dystopisch. Nicht alle Graffiti und Street-Art Künstler wollen positive Nachrichten verbreiten – sondern auch zum Nachdenken anregen, kritisch sein.
Kunst als praktische Hilfe: Spendensammeln mit Street Art
Kalifornien hat bisher fast Glück gehabt in der Corona-Krise. Der bevölkerungsreichste Bundesstaat der USA verzeichnet wenig Tote verglichen beispielsweise mit New York. Etwas über 2.000 sind es hier bei rund 40 Millionen Einwohner*innen, iIm Bundesstaat New York dagegen fast 20.000 Tote bei fast 20 Millionen Einwohner*innen. In Kalifornien hat man schnell mit härteren Maßnahmen der Verbreitung entgegengewirkt, das scheint geholfen zu haben.
Trotzdem: Die Auswirkungen sind für die Wirtschaft immens. Und vor allem die Ärmsten leiden: Obdachlose und illegale Migrant*innen, die allesamt einen schlechten Zugang zu Medizin haben.
Auch Streetart-Künstler Ruben Rojas will mehr, als nur ein paar Leute zum Lächeln bringen. Er hat seine Corona-Streetart nun auf T-Shirts drucken lassen – der Erlös gehe an einen guten Zweck, sagt er. Die ersten paar hundert Shirts habe er schon verkauft, sagt er — der Scheck sei demnächst unterwegs.