Ernüchternde Bilanz

Kein Geld für Mainzer Deportations-Mahnmal

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Von Hannegret Kullmann

Während sich die jüdischen Gemeinden entlang des Rheins, die sogenannten Schum-Städte, als UNESCO-Weltkulturerbe bewerben, stockt in Mainz die Debatte um ein Deportations-Mahnmal. Dort wurden während der NS-Zeit etwa 1.000 Menschen jüdischen Glaubens deportiert. Vor knapp zwei Jahren kürte die Stadt nach einem Ideenwettbewerb einen Siegerentwurf für einen Gedenkort. Doch das Geld fehlt. Anstelle von 300.000 Euro stehen gerade mal 29.000 Euro zur Verfügung.

Geplantes Mahnmal: Lange Mauer mit Namen der Deportierten

Das für Mainz geplante Deportations-Mahnmal soll auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs stehen, nur wenige Meter vom Originalschauplatz entfernt. Die Lage ist schwierig: Gewerbegebiet, ein schmaler Streifen von 300 Quadratmetern Fläche, direkt an einer vielbefahrenen Durchgangsstraße.

Für diesen Ort hat das Dresdner Architekturbüro „Atelier Schmelzer und Weber“ gemeinsam mit dem Bildhauer Andreas Theurer ein Mahnmal entwickelt, das sich zur Straße hin öffnet.

Auf einer langen Mauer stehen die Namen der deportierten Menschen. Auf dem Boden verlaufen parallel dazu Gleise. Diese enden in einem Durchgang, der mit einem Spiegel verschlossen ist. Wer hineinschaut, wird Teil des Mahnmals.

Statt 300.000 Euro stehen nur 29.000 zur Verfügung

Vor zwei Jahren hatte Marianne Grosse, Kulturdezernentin der hochverschuldeten Stadt Mainz, das Konzept vorgestellt - damals noch optimistisch, die notwendigen 300.000 Euro durch Spenden zusammenzubekommen.

Stiftungsvorstand Ralph Erbar vom Mainzer Haus des Erinnerns (Foto: SWR, SWR - Foto: Hannegret Kullmann)
Stiftungsvorstand Ralph Erbar vom Mainzer Haus des Erinnerns

Doch die Bilanz nach knapp zwei Jahren ist ernüchternd. Bislang stehen rund 29.000 Euro bereit - noch nicht einmal ein Zehntel der benötigten Summe. Immerhin hat die Stadt Mainz aber andere Projekte umgesetzt. So hat sie im vergangenen Jahr in der Innenstadt mittels einer Stiftung das „Haus des Erinnerns“ eröffnet.

Die Einrichtung ist momentan der „offizielle Gedenkort für alle Opfer der nationalsozialistischen Diktatur“ - darin der sogenannte Raum der Namen.

Offizieller Gedenkort: Mainzer „Haus des Erinnerns“

Das Mainzer „Haus des Erinnerns“ stehe für „Demokratie und Akzeptanz“. Es solle ein lebendiger Ort des Lernens und Gedenkens sein, erklärt Stiftungsvorstand Ralph Erbar. Die Einrichtung werde überraschend gut angenommen. Fast täglich gebe es Anfragen von Schülern und Erwachsenengruppen. Mit Hilfe von Bundesgeldern wolle die Stiftung nun die Öffnungszeiten ausweiten.

Für Erbar hat sich das Projekt Deportationsrampe damit aber nicht erledigt: „Das wäre auf alle Fälle ein notwendiger und sinnvoller Erinnerungsort. Das Konzept ist schlüssig, wir haben einen authentischen Ort. Es ist auch keine Konkurrenzveranstaltung zum Haus des Erinnerns, sondern ganz im Gegenteil, es wäre ein Ort, der sich sinnvoll dazu ergänzen würde.“

Haus des Erinnerns Mainz (Foto: SWR, SWR - Foto: Hannegret Kullmann)
Mainzer Haus des Erinnerns

Hoffnung auf mehr Spenden für das Mahnmal

Und auch die Mainzer Kulturdezernentin Marianne Grosse will die Hoffnung noch nicht aufgeben: „Wir haben jetzt verhältnismäßig viele Spenden erhalten für das Haus des Erinnerns - und dazu dann auch noch die Bundesmittel. Ich kann mir schon vorstellen, dass auch die Akzeptanz des Hauses des Erinnerns im Moment so groß geworden ist, dass wir dadurch nochmal einen Schub erringen können für das Mahnmal.“

Weltkulturerbe-Bewerbung als neuer Impuls?

Einen positiven Impuls erhofft sich Grosse auch durch die Bewerbung von Mainz, Worms und Speyer um die Anerkennung als UNESCO-Weltkulturerbe. Die drei Städte wollen sich gemeinsam als bedeutende jüdische Zentren des Mittelalters profilieren und verweisen stolz auf ihr jüdisches Erbe.

Mit dem Deportations-Mahnmal könnten die Mainzer zeigen, dass sie bereit sind, die gesamte Geschichte der Mainzer Juden zu erzählen, auch wenn nicht jedes Kapitel glanzvoll ist.

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SWR