Sammy Baloji beschäftigt sich mit der Erinnerung und der Geschichte der Demokratischen Republik Kongo und deren Verflechtungen mit Belgien. Baloji untersucht das kulturelle, architektonische und industrielle Erbe der Region Katanga und hinterfragt die Auswirkungen der belgischen Kolonialisierung. Seine Kunst ist jetzt zusammen mit Werken zwölf anderer Künstler*innen in Mainz zu sehen.
Widerstand gegen die Ausbetung von Land und Menschen
„Extraktivismus“, so heißt die Praxis, bei der Land und Menschen zu Ressourcen reduziert werden und Zivilisation zugunsten von Profitmaximierung geopfert wird. Wie Kuratorin Yasmin Afshar hervorhebt, greift die Ausstellung die Vorstellung auf, wie Land als reine Ressource verwendet wird und wie Natur und Menschen als Arbeit auch primär als Orte des Abbaus behandelt werden. Dagegen gebe es Widerstand unter dem Titel „Unextractable“.






„Unextractable“ heißt auf Deutsch so viel wie „nicht abbaubar, nicht ausbeutbar“. Der Widerstand gegen den Extraktivismus ist einer von drei thematischen Strängen der Ausstellung. Daneben geht es auch um eine Konfrontation mit kolonialem Wissen. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Beschäftigung lokaler Erinnerungskultur.
Kritik am Umgang mit afrikanischen Kulturgütern in westlichen Museen
Der Künstler Sammy Baloji, auf dessen Arbeiten die Ausstellung aufgebaut ist, konfrontiert ein durch den Kolonialismus unterbrochenes lokales Wissen. In seiner Videoarbeit „The Slaughterhouse of Dreams or The First Human“ („Der Schlachthof der Träume oder Der erste Mensch“) verwendet er Objekte, die der deutsche Ethnologe Hans Himmelheber in den 1930er Jahren aus dem Kongo raubte und die ihren Weg in die Archive von deutschen Museen fanden.
Im Film sieht man ein wie von Röntgenstrahlen durchleuchtetes 3-D Objekt. Es sieht aus wie Mineral, ein Kupfer- oder ein Zinnstein. Die Röntgenstrahlung ist ein Verweis darauf, wie westliche Museen und Archive mit Kulturgütern aus der afrikanischen Welt umgehen: Das Interesse liegt auf dem Objekt als solchem, auf seiner Materialität. Die kulturelle Bedeutung des Objekts geht verloren, es wird „de-kontextualisiert“.
Widerstand entsteht dort, wo Menschen sich zusammenschließen
In der Videoarbeit kontrastiert Baloji die aus dem Kontext gerissenen Objekte des Archivs mit einer Life-Performance. Er trägt ein sogenanntes Kasala vor, ein Gedicht, das mündlich vorgetragen wird und seinen Ursprung in der vorkolonialen Zeit hat. Darin werden Namen und Orte in der Reihenfolge ihrer Entstehung vorgetragen – eine lebendige mündliche Wissenskette entsteht, ein Gegensatz zu den nicht-lebendigen Objekten des Archivs.
Sammy Baloji ist Mitbegründer eines Kulturinstituts als auch der Biennale von Lubumbashi. Beides sind Orte, an denen sich lokale Kunstschaffende vernetzen und in einen Dialog eintreten können. Dieser kollektive Aspekt sei ihm sehr wichtig, sagt er, denn in der Diktatur habe er verstanden, dass der öffentliche Raum kein Raum für Freiheit oder für freie Rede sei. Für ihn kann Widerstand vor allem dann entstehen, wenn Menschen sich zusammenschließen und den öffentlichen Raum bewusst einfordern.
Die Ausstellung in der Mainzer Kunsthalle vermittelt eine Ahnung von der Stärke dieses künstlerischen Widerstands. Sie will, wie Sammy Baloji sagt, keine Lösungen liefern, aber koloniale und kapitalistische Muster hinterfragen.
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