Der britische Maler David Hockney ist einer der großen Stars der zeitgenössischen Malerei. Das Museum Würth in Künzelsau zeigt nun erstmals in Deutschland seinen Bildfries „A Year in Normandie“, gemalt in hunderten einzelner Bilder auf dem iPad. Die Ausdrucke ergeben zusammengesetzt einen 90 Meter langen Fries. David Hockney sagt dazu: „Sitz nicht rum, sondern beweg dich entlang des Bildes – dann wird es zum Film!“

Hockney agiert wie ein „digital native“
Ob jemand tickt wie ein digital native ist keine Frage des Alters. Der britische Malerstar David Hockney hat noch vor dem Zweiten Weltkrieg das Licht der Welt erblickt, aber im kühlen Leuchten der digitalen Screens gedeiht seine Kunst so selbstverständlich als wäre der Mann Mitte Zwanzig. Das ist derzeit auf beeindruckende Weise zu erleben im Künzelsauer Museum Würth 2. Als Deutschland-Premiere ist dort „Ein Jahr in der Normandie“ zu sehen, ein 90 Meter langer, leuchtend bunter Fries, den David Hockney auf dem iPad gemalt hat.
„David Hockney ist fasziniert von Landschaft und Natur einerseits und von technischem Fortschritt andererseits. Bereits 2008 hat er schon gemalt auf dem iPhone, und man kann sagen, wäre das iPad nicht 2010 erfunden worden, hätte es für David Hockney erfunden werden müssen.“

Verwurzelt in der traditionellen Malerei
Hockney hat in den späten 50ern in London ganz klassisch Malerei studiert. Er kennt und praktiziert die Tradition, und hat sie andererseits immer schon genutzt als Ausgangspunkt für Neuvermessungen, mit Mitteln wie Fotokopie, Fax und Polaroid. Denn die Freiluftmalerei in der Landschaft, für die Hockney heute steht wie vielleicht kein Zweiter, ist nur in kitschigen Klischeevorstellungen eine romantische Sache. In der Realität ist es da draußen meist heiß oder kalt, feucht oder windig, die Finger klamm oder schwitzig, kurzum: Ein stressiger Job.

Früh die Möglichkeiten der iPad-Malerei erkannt
„Die Schnelligkeit der iPad-Malerei ist für Hockney natürlich ein besonderer Vorteil. Er ist noch jeden Tag interessiert, was morgen kommt und wahnsinnig neugierig darauf. Deswegen kann er auch nicht in Rente gehen“, sagt die Kuratorin der Ausstellung, Sylvia Weber.
David Hockney nutzt die neuen Möglichkeiten der iPad-Malerei nicht nur, sondern setzt sich gleich an die Spitze der Bewegung, ganz nach dem Motto: Geht das nicht noch ein bisschen besser?
Inspiriert durch die Landschaft der Normandie
Das Ergebnis ist fabelhaft. Das ganze Jahr 2020 lang hat David Hockney die Umgebung seines Ateliers in der Normandie gemalt, am Ende rund 220 Stücke aus diesem Fundus ausgewählt und zu jenem Fries montiert, an dem man nun – in ausgedruckter Form – im Museum Würth entlangspazieren kann.
Der weltberühmte Teppich von Bayeux ist knapp 70 Meter lang
Die Inspiration für seine künstlerische Großtat hat David Hockney ebenfalls in der Normandie gefunden – in Gestalt des weltberühmten Teppichs von Bayeux, der auf knapp 70 Metern Länge die normannische Eroberung Englands im 11. Jahrhundert schildert.
Hockney ist begeistert davon, dass es hier keine Zentralperspektive gibt. Stattdessen erzeugt die Bewegung des Betrachters entlang des Bildes die Wahrnehmung.
Mit einer atemberaubend schönen Videoinstallation am Ende des Rundgangs weitet die Ausstellung das Thema der Raum- und Zeitdarstellung noch einmal aus: An einem strahlenden Wintertag hat David Hockney neun Videokameras auf seinem Auto montiert und ist im Schritttempo einen tief verschneiten Weg entlang gefahren. Eine wunderbare dreiviertel Stunde lang können wir nun in diesem kaleidoskopischen Wintertraum versinken,
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