Mit ihrer Graphic Novel „Black Box Blue“ hat die junge Künstlerin Ambra Durante ein künstlerisches Statement gegen Angst und Bedrohung, gegen das Dunkle im Leben gesetzt. Der große Erfolg dieses Buches hat Interesse an dem schon sehr umfangreichen Werk der 21-jährigen Berlinerin geweckt, die zeichnet, seit sie einen Stift halten kann. Ihre eigentümlichen Figurenbilder laufen entweder ins Leere oder sind drangvoll. „Man erkennt Sachen, aber auch irgendwie nicht“ meint Ambra Durante. „So ist das Leben auch ein bisschen“. Jetzt sind ihre Bilder in der Ausstellung „Alles ist jetzt“ bis zum 23. März 2022 in der Fritz und Hildegard Ruoff Stiftung in Nürtingen zu sehen.
Tintenfischmenschen in einer völlig schrägen Stadtszenerie
Sie ist erst 21 Jahre alt, und doch erzählt diese junge Frau mit großem Ernst vom Kindsein und Erwachsenwerden, von Ängsten und Verlusten, von Stress. All das spricht aus ihren Zeichnungen: da sind einäugige Gesichter, die mit leerem Blick aus einem Gewimmel ineinander verschlungener Körper starren. Tintenfischmenschen zerfließen in formlose Figuren, die sich durch eine völlig schräge Stadtszenerie bewegen. Dann wieder scheint sich ein einziger Strich in einem Knäuel unzähliger Gestalten zu verwickeln. Ein einziges Getümmel und Gedränge.

Nichts davon sei geplant, betont Ambra Durante: „Ich glaube, mein Kopf ist sehr gewollt, aber sehr unfunktionell sortiert. Und da gibt es dann dieses Mittel, dass ich versuche, diese gewollte Ordnung auf Papier zu kriegen, weil ich sie nirgendwo anders kriegen kann. So gut funktioniert das auch nicht, aber ich finde das durchaus interessant, wie manche sagen: ‚das ist aber sehr ordentliches Chaos‘. So fühlt sich das auch manchmal an.“
Ein Gespräch mit Daniel Kehlmann über ihre Graphic Novel beeindruckte den Galeristen Klaus Gerrit Friese
„Es gibt sehr gute Gründe, an der Welt zu leiden“ – so lautet der Titel eines Gespräches, das der Schriftsteller Daniel Kehlmann mit Ambra Durante in der Süddeutschen Zeitung geführt hat. Es ging um ihr Debüt, die Graphic Novel „Black Box Blues“. Das Gespräch wiederum hat den Berliner und ehemals Stuttgarter Galeristen Klaus Gerrit Friese, der schon die Tagebuchzeichnungen von Literaturnobelpreisträger Peter Handke präsentiert hat, schwer beeindruckt. Er wollte sich daher selbst ein Bild von dieser Künstlerin, von ihren Zeichnungen machen. So kam die erste Ausstellung in Berlin und jetzt in Nürtingen zustande.

Kleine Textbotschaften winden sich durch die Zeichnungen
„Ich will nicht, dass Du Tschüss sagst“ – immer wieder winden sich winzig kleine Botschaften durch die Zeichnungen. Die meisten auf Englisch. Ambra Durante, die in Genua geboren und dann in Berlin aufgewachsen ist, will auf Worte nicht verzichten, weil sie ihr genauso durch den Kopf schießen wie ihre Bilder. Viele davon sind in Schwarz-Weiß gehalten, aber nicht alle.
Eine Zeichnung erinnert an zwei Außerirdische auf einem Roadtrip: der eine hinterm Steuer im roten Spiderkostüm, der Beifahrer im blau-weiß gestreiften Ringel-T-Shirt. Eine Szene aus dem Tarantino Gangsterfilm „Pulp Fiction“, den Rand zieren die berühmten blauen und roten Wahrheits-bzw. Schlafpillen aus der Science-Fiction-Reihe „Matrix“.

„Ich bin jemand, der stundenlang dasteht und sich damit auseinandersetzt, wie sich Papier anfühlt
Wenig Farbe gibt es in ihren Bildern, viel Schwarz-Weiß gemalt mit Filz- und Tuschstiften. Der Untergrund ist ganz verschieden: glatter Karton, eine alte Glasscheibe, gebrauchtes abgerissenes Packpapier. Materialien, die für Ambra Durante ihren ganz eigenen Wert haben. „Ich bin jemand, der stundenlang dasteht und sich damit auseinandersetzt, wie Papier sich anfühlt“, sagt sie. Es sei ihr wichtig, zu wissen, was sie überhaupt nicht mag und was sie mag, sagt sie: „Man unterschätzt die Schönheit von so vielen Dingen, die, wenn man mehr darauf gucken würde, eine ganz andere Wirkung geben könnten.“